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Wie lange soll der Mensch schlafen

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Textdaten
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Titel: Wie lange soll der Mensch schlafen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 36, S. 611–612
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[611] Wie lange soll der Mensch schlafen? Zu den wichtigsten Vorbedingungen der Gesundheit zählt zweifellos ein ausgicbiger und geregelter Schlaf. In ihm erholen sich das Gehirn und das Nervensystem und beide nehmen Schaden, sobald dem Schlafbedürfnis nicht Genüge gethan wird. Es ist allerdings nicht so leicht, dafür allgemein gültige Regeln aufzustellen. Bei erwachsenen Menschen gestaltet sich das Schlafbedürfnis verschieden, es wird wohl durch die Beschaffenheit des Körpers sowie durch die Art der Arbeit beeinflußt. Immerhin konnten erfahrene Aerzte Durchschnittszahlen ermitteln, denen sich jeder einzelne anzupassen vermag. Vor allem ist zu beachten, daß die Dauer des Schlafes nach dem Lebensalter bemessen werden soll. Der russische Arzt, Prof. Manasseïn, hat in dieser Hinsicht jüngst einige Regeln aufgestellt, denen wir folgendes entnehmen:

Was die Neugeborenen betrifft, so muß dafür gesorgt werden, daß ihr Schlaf weder absichtlich noch unabsichtlich unterbrochen, noch künstlich verlängert wird. Für die ersten vier bis sechs Wochen seines Daseins muß das Kind täglich zwei Stunden wachend zubringen. Ein- bis zweijährige Kinder brauchen einen täglichen Schlaf von 16 bis 18 Stunden; zwei- bis dreijährige sollen 15 bis 17 Stunden täglich schlafen; drei- bis vierjährige 14 bis 16 Stunden; vier- bis sechsjährige 13 bis 15 Stunden; sechs- bis neunjährige 10 bis 12 Stunden; neun- bis dreizehnjährige 8 bis 10 Stunden. Im Uebergangsalter, wenn die Kinder sich zu Jünglingen und Jnngfrauen entwickeln, muß die Schlafenszeit ein wenig verlängert werden; gegen Ende dieser Periode kann man die Dauer des Schlafes wieder anf 7 bis 9 Stunden verkürzen. Nachdem die Periode des Wachstums vorbei ist, also mit dem 19. bis 20. Jahr, halten wir es für zweckmäßig, die tägliche Schlafenszeit auf 6 bis 8 Stunden zu beschränken. Das reifere Lebensalter – vom 25. bis zum 45. Jahre – kann sich nötigenfalls mit 5 bis 7 Stunden Schlafenszeit täglich begnügen, jedoch nur bei vollkommenem Wohlbefinden.

Was nun alte Leute – Greise – anbetrifft, so hat sich die Dauer [612] ihres Schlafes danach zu richten, in was für einer Verfassung ihr körperlicher und geistiger Zustand sich befindet, d. h. ob derselbe normal oder mehr oder minder geschwächt ist. … Wenn aber ihr Schlafbedürfnis auch noch so groß ist, so sollten sie sich womöglich dennoch nicht gestatten, mehr als zehn Stunden täglich dem Schlafe zu widmen. Nur bei sehr großer Schwäche dürfen sie bis zu zwölf Stunden täglich schlafen, jedoch nicht in einem Zuge, sondern mit einer Unterbrechung. Die Hauptschlafenszeit muß natürlich während der Nacht sein, eine kürzere am Nachmittag. Es darf nie vergessen werden, daß der Organismus sich auch an solche Dinge gewöhnen kann, die schädlich sind. … Schläft der Mensch länger, als es die Ruhe seines Körpers und Geistes und die Thätigkeit seiner vitalen Funktionen erfordern, so entsteht daraus erstens eine Abnahme der Körper- und Geisteskräfte aus Mangel an genügender Uebung, und zweitens gewöhnen sich die Organe an einen anormalen Zustand der Ernährung, wodurch ihre Bethätigung im wachen Zustande geschwächt wird. Künstliche Mittel zur Herbeiführung des Schlafes, die betäubender Natur sind, sollten grundsätzlich vermieden werden; denn sie sind Gifte, durch welche das Nervensystem völlig zerrüttet werden kann.