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Zwei Lieder (Stieler)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Karl Stieler
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Titel: Zwei Lieder
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 20, S. 330-331
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[330]

Zwei Lieder.

Von Karl Stieler.[1]
1.0 Feldein.

Kahles Feld und ödes Land
Und der Wald im gelben Laube –
Schweigend streicht am Waldesrand
Ueber’s Feld die wilde Taube.

5
Wie der Weg so einsam wird

Und so stumm die kühle Erde!
Reglos steht im Feld der Hirt,
Reglos steht um ihn die Heerde.

[331]

Und im Nebel zieht der Wind

10
Durch dies Laub, dies müde, gelbe. –

Denkst Du mein noch, holdes Kind?
Ist das noch das Feld, dasselbe,

Wo dereinst auf grünem Pfad
Rother Mund das Küssen lernte?

15
Minne sät so süße Saat –

Aber Kummer ist die Ernte!


2.0 Mädchenlied.

Nun bist Du fort – der Winterschnee
Liegt über dem weiten Lande;
Ich bin daheim – ich komm’ und geh’ –
Mein Thun vergeht im Sande.

5
Ich nehm’ die Spindel wohl zur Hand

Früh in der Morgensonnen,
Doch wenn der Mittag kommt in’s Land,
Dann hab ich nichts gesponnen!

Ich bin vor meinem alten Buch

10
Zur Dämmerzeit gesessen,

Doch hab ich auch den besten Spruch
Am Abend schon vergessen!

Nun bist Du fort – so weit, so weit –
Wie hart ich Dich verliere! – –

15
Dann setz’ ich mich zur Schlafenszeit

Zum heißen Herd – und friere.

  1. Aus dem binnen Kurzem erscheinenden Bändchen „Wanderzeit“, auf welche neue Liedergabe des talent- und gemüthvollen baierischen Dichters wir hiermit warm hinweisen. D. Red.