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Ein Dank aus Kindermund

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Ein Dank aus Kindermund
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 67
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[67] Ein Dank aus Kindermund. Die Zinsen des Wohlthuns sind der Dank, welcher aus dem Herzen kommt und zu Herzen geht. Diesen Dank den edlen Menschenfreunden mitzutheilen, welche durch unsere Vermittlung ihre Gaben, seien es nun kleine Geldbeträge, Nähmaschinen, Fahrstühle oder Klaviere, an Kranke und Bedürftige gelangen lassen, ist uns immer hocherfreulich und ein Ersatz für alle Mühe. Eine ganz besondere Freude hat uns aber jüngst ein Knabe von 11 Jahren, Sohn eines Gerichtsdieners im Westfälischen gemacht, welcher, seit 8 Jahren leidend und an Krücken gehend, uns eines Tages, ohne Vorwissen seines Vaters, um ein Klavier bat, damit er seine musikalischen Fähigkeiten ausbilden könne.

Der betreffende Brief lautete:
 „Meine liebe Herren!
In meiner Mama ihrer ‚Gartenlaube‘ habe ich gestern gelesen, daß Sie an arme Leute Klaviere verschenken, und da mochte ich Sie recht sehr bitten, mir auch eines zu schenken, ich heiße Paul B., bin 11 Jahre alt, aber seit 8 Jahren, seit ich 3 Jahre alt wurde, immer krank gewesen, so daß ich jetzt nur mit Krücken gehen kann und sehr kurzsichtig bin, und weil ich mit den andern Kindern nicht spielen kann, ist mein Allerliebstes Musik, etwas Geige kann ich schon spielen, aber ich möchte viel lieber Klavier spielen lernen, damit ich später einmal die Orgel in der Kirche spielen kann. Lernen kann es mir mein Papa, denn der ist 12 Jahre Musiker bei den Soldaten gewesen, und jetzt ist er Gerichtsdiener in C., aber er kann mir kein Klavier kaufen, denn er hat nur ein kleines Gehalt, und ich habe noch fünf kleine Geschwister, und mein Papa sagt immer, ein Beamter muß wohl einmal hungern können, aber er darf nicht betteln. Meine liebe Herren, jetzt grüße ich recht schön und bitte Sie mich nicht zu vergessen.
  Paul B.“

Zur selben Zeit sandte eine edle Frau aus Torgau uns ein Klavier, das ihren Kinder zum Ueben gedient hatte, und wir überwiesen dasselbe dem kleinen armen Burschen, der uns darauf den folgenden Dankbrief schreibt:
 „Meine liebe Herren!
Heute Vormittag ist das Klavier angekommen, und ich bin so glücklich darüber, daß ich vor Freude bis an die Decke springen möchte, wenn ich es nur könnte, darum will ich mich auch vieltausendmal bedanken, bei Ihnen und auch bei den guten wohlthätigen Menschen, die es Ihnen gegeben haben, ich bedanke mich auch für die beiden hübschen Briefe, ich habe sie mir gut aufbewahrt, den ersten gab mir unser Briefträger, und da habe ich keinem was von gesagt, aber den zweiten brachte mein lieber Vater von der Post mit, da war ich bange, er würde schelten, aber er hat mich nur geküßt, und hat dabei geweint, da glaube ich nun, das er gar nicht böse war.

Nun will ich mich noch recht viel, viel bedanken, und wünsche Ihnen, das der Weihnachtsmann Ihnen eben so was Schönes bringt als mir, und die ‚Gartenlaube‘ werde ich wohl immer lieb behalten, aber Sie noch viel lieber.
  Es grüßt Sie alle recht schön
 Paul B.“

Gleichzeitig mit dem Briefe des Knaben kam ein solcher des Vaters, welcher lautet:
 „Geehrte Herren!
Obgleich mein Sohn Paul ohne mein oder meiner Frau Vorwissen die Bitte um ein Klavier an Sie gerichtet, bin ich Ihnen und den edlen, gütigen Gebern doch nicht weniger dankbar dafür. Wenn Sie die Freude gesehen hätten, die mein armer Junge (er ist leider schon seit länger denn acht Jahr ungesund) empfand bei der Ankunft des Instrumentes, aber auch die gluckseligen Gesichter und die Freudenthränen in den Augen der Jüngeren, als ich ihnen das erste Lied vorspielte! Wenn tiefe Dankbarkeit, gute Wünsche edlen Menschen Freude bereiten kann, so feiern die gütigen Geber des Klaviers ein ebenso fröhliches Weihnachtsfest, als sie meinen Kindern und dadurch auch uns bereitet haben.

Paul stattet eben seinen Dank selbst ab, aber er ist so eifersüchtig, daß er niemand einen Blick in sein Schreiben thun läßt. Noch einmal herzlichen Dank und Gruß.
  C. B., Gerichtsdiener."

Wir glaubten die vorstehenden Briefe unserm Leserkreise nicht vorenthalten zu sollen. Was wir damit bezwecken – das werden unsere freundlichen Leser wohl ohne besondere Schwierigkeit errathen.