ADB:Bäuerle, Adolf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Bäuerle, Adolf“ von Rochus von Liliencron in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 147–149, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:B%C3%A4uerle,_Adolf&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 17:28 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Bauer, Ludwig Amandus
Band 2 (1875), S. 147–149 (Quelle).
Adolf Bäuerle bei Wikisource
Adolf Bäuerle in der Wikipedia
Adolf Bäuerle in Wikidata
GND-Nummer 119560038
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|2|147|149|Bäuerle, Adolf|Rochus von Liliencron|ADB:Bäuerle, Adolf}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119560038}}    

Bäuerle: Adolf B., Dichter und Schriftsteller, geb. zu Wien 9. April 1786, † in der Nacht vom 19.–20. Sept. 1859. Nach Besuch der Wiener Schulen trat er die Beamtenlaufbahn an, verließ aber dieselbe bald wieder, um sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Schon 1806 hatte er die „Wiener [148] Theaterzeitung“ gegründet, welche bald das gelesenste Blatt der ganzen Monarchie ward. 1856 konnte er das Jubiläum seiner Redaction feiern, freilich zu einer Zeit, wo unter so ganz veränderten Zuständen des öffentlichen wie litterarischen Lebens die Theilnahme für das Blatt sehr erlahmt war. Bald nach ihres Gründers Tode mußte auch die Theaterzeitung eingehen. – 1819 übernahm B. auch die Leitung der „Eipeldauer Briefe“, einer beliebten Volksschrift, welche, 1785 von Richter gegründet, nach dessen Tode 1813 auf Gewey übergegangen war, der 1819 starb. Aber 1821 ging das Blatt nach dem Tode seines Verleger König ein. – B., der schon 1806 mit dem Lustspiel „Kinder und Narren reden die Wahrheit“ Glück gemacht hatte, war inzwischen 1809 Secretär am Leopoldstädter Theater geworden, in welcher Stellung er bis 1828 verblieb. Damit begann seine überaus fruchtbare Thätigkeit für die Bühne. Ein vollständiges Verzeichniß seiner Dichtungen gibt Wurzbach im Lexikon. Die früheren seiner Volksstücke sind meistens in dem „Komischen Theater“, 1820–26, gesammelt. Sein letztes Lustspiel „Der Sonderling in Wien“ ist vom J. 1841. Er ist der Schöpfer des „Staberl“, welcher die Bretter, von denen er die älteren „Kasperl“ und „Thäddädl“ verdrängte, zuerst 1813 in den „Bürgern in Wien“ betrat. Es folgten u. a. „Staberl’s Hochzeit“, 1815; „Staberl’s Wiedergenesung“, 1816; „Staberl’s Reiseabenteuer“, 1822. Wie diese Staberliaden, so machten auch manche andere von Bäuerle’s Stücken bald den Weg durch ganz Deutschland; namentlich „Die falsche Primadonna“; „Der verwunschene Prinz“; „Der Tausendsassa“; „Der Leopoldstag“. Mit dem „Freund in der Noth“ ward 1819 das Königstädter Theater in Berlin eröffnet. B. erhebt sich zwar nur selten über das Gebiet der niederen Komik, ist aber voll drolliger Einfälle und harmlos fröhlicher Laune; ein Vorläufer Raimund’s, wenn auch dessen Stücke an dichterischem Werth viel höher stehen. Fast 10 Jahre, nachdem seine dramatische Ader sich erschöpft hatte, entfaltete er, anfangs pseudonym als „Fels“ oder „Horn“, aufs neue eine erstaunliche Fruchtbarkeit als Erzähler. War er doch schon als Sechszehnjähriger mit dem Ritterroman „Sigmund der Stählerne“ aufgetreten. Seine späteren Romane bewegen sich in der Schilderung des Wiener Lebens und sind meistens den eigenen Erinnerungen des Dichters entnommen, was ihnen ein besonderes Interesse verleiht; so z. B. die „Therese Krones“; „Ferdinand Raimund“; „Director Karl“; „Baron Rothschild und die Tischlerstochter“; „Zahlheim“; „Das Jahr 1848“; „Roman und Wirklichkeit“ u. s. w.

Mit dem Jahre 1848 war jenes „alte Wien“, in dem Bäuerle’s ganzes Wesen wurzelte und für das er mit seiner auch im täglichen Leben unerschöpflichen fröhlichen Laune als eine typische Gestalt gelten konnte, zu Ende gegangen. Bis dahin hatte er sich einer außerordentlichen Popularität zu erfreuen. Schon 1826 konnte er aus dem Ertrag einer patriotischen Broschüre ein Blindeninstitut gründen und es ist amtlich nachgewiesen, daß der Gesammtertrag seiner vielfachen Aufrufe und Sammlungen zu mildthätigen Zwecken sich auf 1200000 fl. berechnet. Dafür ward ihm von Wien, Prag, Ofen, Pest und 15 anderen Städten des Reiches das Ehrenbürgerrecht verliehen. Selbst noch 1848 versuchte er vorübergehend nicht ohne Erfolg durch sein Blatt „Die Geißel“ und durch den „Volksboten“, der später in den „Wiener Telegraphen“ umgewandelt ward, in die Bewegung der Geister einzugreifen. Aber in die neue Zeit wußte er sich nicht mehr zu schicken, noch das neue Wien in ihn. So begannen sich seine Verhältnisse zu trüben. Zerfallen mit der ihn umgebenden Welt, vielfachen Kränkungen, ja persönlichen Verfolgungen ausgesetzt, entfloh er endlich im Juni 1859 aus Wien nach Basel, um dort in der Fremde nach wenigen Monaten trüber Verlassenheit gebrochenen Herzens zu sterben, – „der letzte fidele [149] Wiener der alten Zeit“. – Bäuerles zweite Frau, Katharina Ennöckl, geb. 1790, war ihrer Zeit eine gefeierte Schauspielerin des Leopoldstädter Theaters. Seine Tochter (erster Ehe) Friederike, geb. 1820, machte sich in Wien als Pianistin und Schriftstellerin einen Namen.

Wurzbach, Lex. I. 108 ff. XI. 364 f.