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ADB:Brandes, Johann Christian

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Artikel „Brandes, Johann Christian“ von August Förster in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 243–244, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Brandes,_Johann_Christian&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 18:20 Uhr UTC)
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Band 3 (1876), S. 243–244 (Quelle).
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Brandes: Johann Christian B., geb. 15. Nov. 1735 in Stettin, † 10. Nov. 1799, war der Sohn eines Kaufmanns, der Bankerott machte, mußte deshalb die gelehrte Laufbahn, für die er bestimmt war, verlassen und sollte nun Kaufmann werden. Heftige Abneigung gegen diesen Stand und abenteuerliche, durch wahllose Lectüre genährte Reiselust verleiteten den achtzehnjährigen Jüngling, heimlich zu entweichen. Er ging zuerst nach Polen, gerieth in bitteres Elend, ward endlich nach Hamburg verschlagen und trat in die Dienste eines holsteinischen Edelmanns. Bei einem Ausfluge nach Lübeck traf er die Truppe Schönemann’s, dem er sich als Schauspieler anbot. Er wurde aufgenommen 1757 und ging mit Schönemann nach Hamburg. Später kam er zur Gesellschaft Franz Schuch’s, des berühmtesten der norddeutschen Hanswurste, und bereiste mit diesem Breslau, wo er sich mit Charlotte Esther Koch (geb. zu Groß-Bosinsky in Preußisch-Lithauen 1746) verheirathete, und Berlin. Aus dieser Zeit stammt eine charakteristische Anekdote, die er selbst berichtet und welche ein helles Licht auf das Wesen der extemporirten Komödie wirft. B. spielte die Rolle des Liebhabers (Leander). Er machte der Liebhaberin (Angela) eine so feurige Liebeserklärung im Beginn des Stückes, daß seine Partnerin ihn sofort erhörte, was erst am Schlusse hätte geschehen sollen. Das Schauspiel wäre zu Ende gewesen, hätte B. nicht Geistesgegenwart genug besessen, rasch einige Hindernisse zu erfinden für die Vereinigung der Liebenden, so daß das Stück weiter gespielt werden konnte. Im Jahre 1768 kam das Brandes’sche Ehepaar zu jener in der deutschen Theatergeschichte durch Lessing’s Dramaturgie so berühmt gewordenen Hamburger Entreprise unter Seyler, Tillemann und Bubbers, welche es zuerst unternahm, ein deutsches Nationaltheater zu gründen. – Hier ist der Ort, das Ehepaar kurz zu charakterisiren. Er war ein kalter, mittelmäßiger Schauspieler, wurde aber als Schauspieldichter von Wichtigkeit. Von seinen [244] vielen Stücken haben sich namentlich die zwei Lustspiele: „Der Schein betrügt“, und „Graf Olsbach“ lange auf dem Repertoire erhalten. Frau B. war ein bedeutendes schauspielerisches Talent, welches mit Glück neben der gefeierten Madame Hensel, welche später Seyler heirathete, sich behauptete, ja dieser oft vorgezogen wurde, da sie jünger und schöner und in leidenschaftlichen Rollen von hinreißendem Ausdruck war. Die Rivalität beider Frauen, die merkwürdiger Weise sich sehr oft auf ihrem Lebenswege begegneten, verursachte überall kleinliche Reibungen und ward der Kunst überaus nachtheilig. Wir haben uns übrigens die Darstellungsweise der Frau B. französisch-manierirt und outrirt vorzustellen. Die äußeren Schicksale der Familie seien noch kurz erzählt. Nach dem Scheitern des Hamburger Nationaltheaters finden wir beide B. 1769 bei Seyler, der in Hannover eine neue Gesellschaft zusammenstellte. Als Seyler später von Dresden nach Gotha ging, erhielt B. den Auftrag, ein kurfürstlich-sächsisches Hoftheater in Dresden zu organisiren. Er gewann für dieses Unternehmen den berühmten Reinecke mit seiner Frau und führte den jungen Studenten Fleck dem Theater zu. Der Ausbruch des bairischen Erbfolgekrieges veranlaßte den kursächsischen Hof, das Privilegium dem Impresario der Oper, welche aufgelöst wurde, dem Italiener Bondini als Entschädigung zu übertragen. Dadurch wurde B. wieder frei und ging 1779 zu Seyler nach Mannheim an das neu errichtete Hoftheater. Erneute Zwistigkeiten mit Frau Seyler trieben das Ehepaar wieder fort nach Hamburg. Dort übernahm B. mit Klos 1785 die Direction, welche aber wieder scheiterte. Frau B. starb, zuletzt vom Publikum mißhandelt, 1786 oder 87. B. selbst starb 1799 in Berlin. Beider Tochter war Minna Brandes (s. d.), die der große Lessing aus der Taufe gehoben. B. hat selbst seine Biographie geschrieben, die in 5 Bänden, Berlin 1802–7 erschienen ist und von Louis Benoit Picard ins Französische übersetzt wurde (Paris 1823). Außer den oben genannten Stücken von ihm sind noch zu erwähnen: „Fanny, oder der Schiffbruch“ (1766), „Trau, schau, wem?“ (1769), „Ariadne auf Naxos“, mit Musik von Benda, „Olivie“.