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ADB:Gotter, Friedrich Wilhelm

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Artikel „Gotter, Friedrich Wilhelm“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 450–451, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gotter,_Friedrich_Wilhelm&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 18:13 Uhr UTC)
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Band 9 (1879), S. 450–451 (Quelle).
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Gotter: Friedrich Wilhelm G., ein um das Aufblühen der neueren Litteratur Deutschlands sehr verdienter Dichter, wurde am 3. Septbr. 1746 zu Gotha geboren und erhielt daselbst, ohne das Gymnasium zu besuchen, eine dem Geiste damaliger Zeit, dem französische Sprache und Litteratur als erstes Erforderniß und Bildungsmittel galt, angemessene Erziehung. Um die Rechte zu studieren, ging er 1763 nach Göttingen, wurde 1766 zweiter geheimer Archivar zu Gotha, begleitete 1767 den Freiherrn v. Flemmingen als Legationssecretär nach Wetzlar und 1768 zwei junge Edelleute als Führer nach Göttingen zurück, wo die mit Boie begründete Herausgabe des Musenalmanachs ihm zuerst einen litterarischen Namen erwarb. Viel Einfluß auf ihn hatte damals die Ackermann’sche Schauspielergesellschaft in Göttingen und später in Wetzlar und hier seine Verbindung mit Goethe und dem jüngeren Jerusalem, als er 1769 dahin zurückgekehrt war. Eine Reise nach Lyon und durch die Schweiz machte ihn mit dem französischen Theater, sowie mit Geßner und Lavater genau bekannt. Er starb als Geheimsecretär zu Gotha, wo er bis zu seinem Tode dem neu errichteten Hoftheater (unter Ekhof, Iffland, Beil u. a.) seine Theilnahme zugewendet hatte, den 18. März 1797, 51 Jahre alt. Gotter’s poetische Leistungen sind gleich denen Wieland’s und J. Nik. Götz’ der getreueste Abdruck seiner französischen Bildung und des eleganten Geschmacks in der damaligen deutschen Litteratur. In seinen lyrischen Gedichten (Gotha 1787–1802) spricht eine zarte Innigkeit sanfter Gefühle, erhöht durch große Correctheit der Sprache und des Versbaus und eine glückliche Wahl der Bilder den Leser wohlthuend an, namentlich zeichnete er sich durch diese Eigenschaften im Liede und der Epistel vortheilhaft aus. In seinen Lustspielen, welche er mehr oder weniger ausländischen [451] Mustern nachgebildet hatte, herrscht gewandte Charakterzeichnung und ein lebhafter und witziger Dialog und mehrere derselben, wie „Die Erbschleicher“ und „Der schwarze Mann“, waren lange Zeit Lieblinge des Publicums und haben sich auf der Bühne erhalten, dagegen fehlt es seinen Trauerspielen, die sich an Voltaire’sche Muster anlehnen (Elektra, Merope, Alzire) an Tiefe und Kraft, obwol die Diction stets angemeßen ist. Großen Beifall fanden zu ihrer Zeit seine Medea mit der Benda’schen Musik (vgl. Bd. II. S. 316) und die von Zumsteeg componirte „Geisterinsel“ nach Shakespeare’s Sturm. Erstere, ein Drama mit Musik, nach dem Muster der Brandes’schen Ariadne, ward 1775 für Mad. Seyler geschrieben. Von der „Geisterinsel“ urtheilte Goethe, sie sei ein Meisterstück von Poesie und Sprache (vgl. Caroline, Briefe etc. her. von Waitz, Bd. I. S. 180). Am Text hat übrigens Einsiedel Antheil (l. c. S. 189 Anm.). Schon 1795 schrieb Fleischmann (s. Bd. VII. S. 114) eine Musik dazu; auch Himmel und Reichard. Gedruckt ward die Dichtung zuerst 1797 in den Horen, nach Gotter’s Tode. Vielfaches Interesse gewährt der Briefwechsel Caroline Schelling’s (in der Ausgabe von Waitz) mit G., seiner Frau, geborne Stieler, und ihren drei Töchtern. Ein bleibendes Verdienst hat sich G. durch die Herausgabe des ersten deutschen Musenalmanachs erworben, eine Idee, die für Deutschland von ihm ausging, wozu jedoch der seit 1765 in Paris erschienene „Almanac des Muses“ den Anstoß gegeben hatte und mit welcher auch sein Freund Boie sich alsbald befreundete, weil sie auch den deutschen Dichtern ein neues und eben darum lockendes Feld, ihre Talente zum Wettstreite aufzubieten, eröffnete. G. nahm den thätigsten Antheil an dieser Unternehmung und die in Erfindung und Ausdruck classischen lyrischen Stücke, mit denen er sogleich im Almanache auftrat („Musenalmanach MDCCLXX. Göttingen bey J. C. Dieterich. Poetische Blumenlese … 16“) erwarben ihm nicht nur einen allgemeinen und verdienten Ruhm, sondern auch, weil zu seinem hübschen leichten Talente auch eine überaus angenehme Persönlichkeit sich gesellte, die persönliche Bekanntschaft und Freundschaft mehrerer der vorzüglichsten Gelehrten in Göttingen, wie Heyne’s, Kästner’s u. a., welcher letztere dann auch der erste war, der den Almanach mit seinen Beiträgen unterstützte. Weitere Beiträge lieferten Boie selbst, dann Gleim, Thümmel, Ramler, Gerstenberg u. a. Indessen überwog in dem ersten Jahrgange die Zahl der bereits gedruckten, hier nur wiederholten Gedichte und G. trat schon mit Schluß des ersten Jahrgangs von der Redaction zurück, worauf Boie die Herausgabe allein bis 1775 besorgte; vgl. den Art. Göckingk, L. F. G.

Almanach f. Dichter u. schöne Geister für 1785, S. 38–39. Küttner, Charaktere, S. 498–500. Schlichtegroll’s Nekrolog II. S. 248–316. Wachler, Handb. d. Litteratur III. S. 293. Goedeke, Gr. II. S. 645–46, woselbst seine sämmtlichen Werke verzeichnet sind.