Zum Inhalt springen

ADB:Hayneccius, Martinus

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Hayneccius, Martin“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 163–164, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hayneccius,_Martinus&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 14:49 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 11 (1880), S. 163–164 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Martin Hayneccius in der Wikipedia
Martin Hayneccius in Wikidata
GND-Nummer 121178609
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|11|163|164|Hayneccius, Martin|Jakob Franck|ADB:Hayneccius, Martinus}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=121178609}}    

Hayneccius: Martin H. (Heyneccius), Lustspieldichter und Philolog zu Ende des 16. Jahrhunderts, wurde den 10. August 1544 zu Borna in Sachsen geboren, wo sein Vater Schullehrer und später Bürgermeister war, studirte Philologie zu Leipzig, wurde daselbst Magister und sodann Lehrer an den Schulen zu Leisnig, Chemnitz und Annaberg. Hierauf kam er, nachdem er einige Zeit zu Rochlitz privatisirt hatte, 1585 als Rector der Martinsschule nach Braunschweig und von da 1588 als solcher an die Landesschule nach Grimma. Bereits seit 1608 emeritirt, starb er daselbst den 28. April 1611. Nach Flögel (Kom. Lit. IV, 307) soll er ein Vorfahre des Geheimraths Joh. Gottl. Heineccius gewesen sein. – H. ist der Verfasser einer größeren Anzahl Lustspiele, sogenannter Schulkomödien, von denen jedoch nur wenige zum Druck gelangten und die, abgesehen von ihrer dramatischen Behandlung für die deutsche Sprachkunde durch den Reichthum an uralten allerdings durch große Derbheit und Naturwüchsigkeit sich auszeichnenden proverbialen Bezügen jeder Art (gegen 150) die Beachtung des Forschers verdienen. Die Titel dieser Lustspiele sind: 1. „Almansor, der Kinder Schulspiegel“; zuerst lateinisch Lips. 1578, 1579 (Clessius I, 376), 1588, dann deutsch als: Schulteuffel … Hiebeuuor mit dem Titel Almansor (Leipzig 1603); über ein an diesem Stücke durch H. Rud. Klauber verübtes Plagiat, vergl. Goedeke Gr. I, 305 und Em. Weller in der [164] Zeitschrift: Die Schweiz 1858, S. 175. 2. „Captivi, der gefangenen Leute Trew“ (Leipzig 1582; eine Uebersetzung des gleichnamigen Lustspiels von Plautus). 3. „Hansoframea seu Mimoscopus“, lateinisch Lips. 1581, dann deutsch als: Hans Pfriem, Leipzig 1582, 1603. Magdeburg 1606. Es ist hier das bekannte Märlein dramatisirt, das schon Luther in einer Predigt erzählt und dann später von Wilh. Grimm (Kindermärchen, Nr. 178) als „Meister Klügel“[WS 1], der im Himmel und auf Erden Alles am besten versteht, auf’s Neue geistreich behandelt wurde, und in welchem sich in dem Latein und der Muttersprache des H. römische Urbanität und deutsche Derbheit auf eine höchst ergötzliche aber treffende Weise verschmolzen hat. Ein viertes Lustspiel „ludus literarius“ mit dem Titel: Brunonizensis Martinianus, welches Clessius I, 376 als Zugabe des Almansor von 1579 und von H. verfaßt, verzeichnet hat, ist mir bis jetzt unbekannt geblieben. – H. fehlte es nicht an komischem Talente und glücklicher Laune, aber von dem schlechten Geschmacke seiner Zeit verleitet, artet er wie die Mehrzahl der Lustspieldichter seiner Zeit allzuleicht in Plattheit und Plumpheit aus. Das Schauspiel dieser Zeit war meist Gelegenheitsfeierlichkeit und die Verfasser der in der Regel zuerst lateinisch geschriebenen Stücke gewöhnlich, wie auch H., Schulmänner, welche sich bald herabließen, dieselben zum allgemeinen Gebrauche zu übersetzen und dem Volke zum Besten zu geben. Der Schulmeister spielte dann gewöhnlich den Prolog und gab den „Regenten des Stückes“ ab, die Knaben hatten die übrigen Rollen, und der erstere wurde dann wol für seine Regenz mit ein paar Gulden beschenkt, so wie auch die Schüler ohne Zweifel nicht leer ausgingen. Obgleich aber sehr viele solcher Stücke und insbesondere die des H. als Spiegel der Schuljugend geschrieben und aufgeführt wurden, so läßt sich doch von den rohen oder derben Sitten der damaligen Zeit erwarten, daß man in den moralischen Tendenzen dieser Lustspiele auch in der besten Meinung zu weit ging. Und es ist fast unglaublich, was man damals die Jugend sagen und spielen ließ, sich und Anderen zur Erbauung. In dem Gericht Salomonis von Joh. Baumgart vom J. 1561 (Goedeke I, 309), das ebenfalls ausdrücklich für die Jugend der blühenden Schule zu Magdeburg von einem Pfarrer auf Antrieb des Schulrectors geschrieben ist, haben die zwei streitenden Weiber solcher ungeheurer Schimpfreden sich zu bedienen und solch’ verfängliche Stellungen zu machen, daß jetzt selbst die roheste Schauspielertruppe nichts der Art wagen würde. Aber daran ergötzten sich damals Höfe und Gelehrte, wenn sie auch gelegentlich darüber schimpften, und Gottsched erwähnt es mit einer Art Triumph, daß 1556 bei einer Versammlung des Decemviralconcils in Leipzig kein einziger Decemvir erschien: propter ludos scenicos. H. ist außerdem Verfasser mehrerer philologischer Schriften, unter denen seine „Medulla sive Phraseologia Terentiana“, (Lips. 1590) noch heute ihren Werth nicht verloren hat, wie auch sein „Compendium moral. praeceptionum“, (Lips. 1594) zu seiner Zeit in großem Ansehen stand.

Clessius, Elenchus I, 376. 487. Gottsched II, 235; vergl. I, 119 f. Koch, Grundr. I, 266. Flögel, Kom. Lit. IV, 307. Jöcher II, 1416–17. Goedeke, Gr. I, 136. 288. 305. 312. 380 und dessen P. Gengenbach, S. 605.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. An der Referenzstelle findet man das Märchen „Meister Pfriem“