ADB:Schambach, Georg
Georg Schulze und wie der 1889 verstorbene Wilhelm Müller, der Mitherausgeber des Benecke’schen Wörterbuches, so wurde er ein Schüler Jacob Grimm’s. Wie Georg Schulze unter den Bergleuten des Oberharzes, so stellte S. unter den Bauern von Osterode bis Göttingen Forschungen an. Zwar empfand er es gewiß bitter, daß er nicht wie Wilhelm Müller an der Universität seiner Vaterstadt lehren konnte. Doch verstand er seine Stellung als Rector des Progymnasiums (jetzigen Realprogymnasiums) zu Einbeck in eigenthümlicher Weise auszubeuten und sogar für sich genußreich zu machen. Bei gewissenhafter Amtsführung befand er sich doch immer am wohlsten, wenn er zu den Bauern als Forscher auf’s Land ging. Zwar wurde er nicht überall freundlich empfangen und mancher Bauer meinte offenbar: De schriftgelehrten sint de ärgesten weltverkërten. Aber die Worte jenes Alten, welcher sagte: En jeder blive bi siner moimen sprâke, schrieb er sich so tief in’s Herz, daß er im Volke selbst die „stolte sprâke“, d. h. die Sprache der Stolzen, der Städter, wie die hochdeutsche Sprache noch jetzt in Hannover manchem Bauern erscheint, ganz vermied. 1851 gab er in einer gut lesbaren Abhandlungsform heraus „Die plattdeutschen Sprichwörter in den Fürstenthümern Göttingen und Grubenhagen“. Nicht eine zweite Auflage, sondern eine Fortsetzung, eine zweite Sammlung erschien in Göttingen alphabetisch geordnet unter dem Titel „Niederdeutsche Sprichwörter“. Vergleicht man diese Sprichwörtersammlungen mit den kürzlich in dem Artikel Rese (s. A. D. B. XXVIII, 241) von mir erwähnten, so erstaunt man über die Fülle des Volksthümlichen und Charakteristischen in den beiden kleinen Sammlungen von S. Oft liegt das Poetische bei den Grubenhagen’schen Bauern im Ausdrucke. Sagt der Gebildete: „Kleine Kinder machen kleine, große Kinder große Sorgen“, so heißt es bei S. sehr schön: „Kleine Kinder drücket den schât (Schoß), grote Kinder drücket dat harte (Herz)“ (was dann allerdings auch ins Hochdeutsche überging: Kleine Kinder drücken die Schürze, große das Herze). So ziemlich fein gedacht, wenn auch vielleicht abergläubisch, ist das Sprichwort bei Schambach: „De dridde âder sleit nân pâen“ [570] (Paten). Auf das verschwundene Recht der Erstgeburt weist vielleicht schon kritisierend hin: De bûer het man Ein kind. Gegen das Altentheil wurde protestiert: Ek teie mek nich êer ût ar bet dat ek nâ bedde gâe. 1858 erschien in Hannover Schambach’s Hauptarbeit: „Wörterbuch der niederdeutschen Mundart der Fürstenthümer Göttingen und Grubenhagen“. Bei den 1854 in Göttingen erschienenen „Niedersächsischen Sagen und Märchen“ von S. und Müller, durch welche Schambach’s Name fast allein in weiteren Kreisen bekannt wurde, war S. mehr als Sammler und Müller allein für die Erläuterungen thätig. S. starb zu Einbeck am 15. April 1879.
Schambach: Georg S., Germanist. Er wurde am 9. Januar 1811 in Göttingen geboren. Wie der andere Grubenhagen’sche Forscher- H. Pröhle, Märchenstrauß (Berlin 1882), wo sich in der Vorrede sonst nicht bekannte Nachrichten über mehrere Sagensammler finden.