Zum Inhalt springen

ADB:Ruberg, Johann Christian

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Ruberg, Johann Christian“ von Eduard Jacobs in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 429–431, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ruberg,_Johann_Christian&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 18:08 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Rubenus, Leonhard
Band 29 (1889), S. 429–431 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Christian Ruberg in der Wikipedia
Johann Christian Ruberg in Wikidata
GND-Nummer 122924622
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|29|429|431|Ruberg, Johann Christian|Eduard Jacobs|ADB:Ruberg, Johann Christian}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=122924622}}    

Ruberg: Johann Christian R., Erfinder auf dem Gebiete der Glas- und besonders der Zinkindustrie, getauft am 4. September 1746, † am 5. September 1807 zu Lawek in Oberschlesien. Die Ruberg waren eine seit wenigstens vier Jahrhunderten in der Grafschaft Wernigerode und der nächsten Umgegend angesessene Bauern- und Kleinbürgerfamilie. Vom Anfange des vorigen Jahrhunderts an lernen wir sie als Müller kennen. Als Pachtmüller führte Johann Christian’s Vater ein rechtes Wanderleben. Von den sechs Orten, an welchen er nacheinander wohnte, war es der vierte, Lüttgenrode bei Osterwiek, an welchem in den ersten Septembertagen des Jahres 1746 jener namhafte Sohn geboren wurde, denn die bisherige Angabe des Geburtsortes wie des Geburtsjahres erweisen sich als unrichtig. Seit Mitte 1749 wohnte der Vater als gräflicher Mühlenpächter in Ilsenburg, und hier verlebte R. die Jahre der Kindheit. Unter acht Geschwistern der jüngste Knabe zeigte er schon früh einen regen Lerneifer, daher ihn der Vater durch den seit 1755 zu Ilsenburg angestellten Katecheten Dransfeld im Lateinischen und Griechischen unterweisen ließ. Die guten Fortschritte, die er machte, wurden der Anlaß, daß R. auf die damals allgemein berühmte lateinische Hauptschule beim hallischen Waisenhause gebracht wurde, wo er im Juli 1763, 16 Jahre alt, in die sechste Classe aufgenommen wurde. Er sollte Theologie studiren, und wurde ihm zur Erleichterung des Studiums am 17. Juli 1765 vom Grafen Christian Ernst zu Stolberg das gräfliche Stipendium zugesichert. Zu dem in Halle beabsichtigten theologischen Studium ließen es aber weder Neigung noch häusliche Verhältnisse kommen. Schon am 23. October 1765, als R. noch das Pädagogium in Halle besuchte, starb der Vater. Daß dieser sich bereits mitsammt dem Sohne einem um diese Zeit in Ilsenburg erschienenen Schwindler v. Bergen hingegeben habe, um nach dessen Vorgeben aus Kupfer und Blei unter Zusatz eines nur ihm bekannten Pulvers Gold zu machen, und daß er so um sein Vermögen gekommen sei, stimmt nicht wol zu unseren sonstigen Nachrichten und zu dem noch zu jugendlichen Alter des Letzteren bei Lebzeiten des Vaters. Dagegen wird einige Zeit darnach der noch unreife und unter bedrängteren Verhältnissen lebende Jüngling in jener Jugendzeit der wieder auflebenden Naturwissenschaften jenem Manne sein Ohr und sein Zutrauen geschenkt haben. Jedenfalls war er es, dessen Sinn von Jugend auf der Probir- und Scheidekunst mehr zugeneigt war, als der Gottesgelahrtheit. Aus einer äußerlich und innerlich schwierigen Lage befreite ihn ein Landsmann, der fürstlich anhalt-plessische Hütteninspector Kiß, Sohn des gräflich stolberg-wernigerödischen Kammerraths Balth. K., Vater des Bildhauers August K., der bei einem Besuch in seiner Geburtsheimath den jungen R. kennen lernte und ihm einen Steigerposten an der Steinkohlengrube Emanuelssegen [430] bei Pleß verschaffte, den er am 1. Januar 1780 antrat. Nicht lange war er hier, als es ihm gelang, bei einer in der Nähe gelegenen Glashütte die Glasmasse zu verbessern, worauf ihm dann nach zwei Jahren die Verwaltung dieser Hütte übertragen wurde. Auf der Hütte lernte ihn der königl. Oberberghauptmann Graf v. Reden kennen, auf dessen Veranlassung R. eine wissenschaftliche Reise ins Hannöversche, Hessische und nach Böhmen unternahm, um den Glashüttenbetrieb vorzüglich bei Steinkohlenfeuerung kennen zu lernen und seine Erfahrungen für die schlesischen Hütten zu nutzen. Im J. 1786 zurückgekehrt fand er allgemeine Zufriedenheit und die Glashütte zu Wessela nahm nun einen neuen Aufschwung. Neben dieser Glashütte hatte R. auch noch eine in der Nähe eröffnete Steinkohlengrube unter sich, die den Namen Rubergsgrube erhielt. Hatte er so eine geachtete Stellung und einen geeigneten Wirkungskreis gewonnen, so regte sich doch in ihm wieder ein Streben nach neuen Erfindungen, wobei denn das Verlangen, den Stein der Weisen zu entdecken, abermals den eigentlichen Antrieb gab. Die Versuche im Laboratorium waren umsonst. Da geschah es, daß, als er um 1790 seinen alten Freund und Landsmann, den Hütteninspector Kiß in Paprotzan besuchte, seine Aufmerksamkeit auf ein beim Hochofenbetrieb als Nebenproduct abfallendes Stück Ofenbruch (Schwamm) in Anspruch genommen wurde, der bei großer Anhäufung dem Hüttenbetrieb oft hinderlich wird. In Ruberg’s harzischer Heimath hatte man schon im 16. Jahrhundert die Entdeckung gemacht, daß der Ofenbruch gleich dem natürlichen Galmei mit Kupfer zusammengeschmolzen oder cementirt Messing liefere. Auch sonst wurde in deutschen Messinghütten der Ofenbruch zu diesem Behufe angewendet. Das war R. nicht unbekannt und er wies darauf hin, wurde aber zuerst verspottet. Als er aber einen Versuch öffentlich angestellt und vor mehreren Zeugen ein Pfund Kupfer und ein Pfund ganz klein gestoßenen Ofenbruch in einem Schmelztiegel mit Kohlenstaub bedeckt eine Stunde lang im Feuer behandelt und als Ergebniß ein schönes Messing erzielt hatte, verstummte der Spott. Diese erfolgreichen Versuche legten nun den Grund zu der blühenden oberschlesischen Zinkindustrie. Es fehlten aber zunächst noch Messingwerke zur Verarbeitung des Ofenbruchs. Das brachte R. auf den Gedanken, das Zink aus seinen Erzen, Galmei und Ofenbruch, metallisch herzustellen und zu reduciren. – Allerdings war das Zink, das vielleicht schon die Alten kannten, durch Albrecht v. Bollstädt im 13. Jahrhundert erfunden, dann seit dem 16.–18. Jahrhundert am Harz, in Schweden, England und noch verschiedentlich in Deutschland dargestellt oder von Ostindien und China seit dem 17. Jahrhundert eingeführt. Es fehlte bei uns aber noch eine hüttenmännische Ausbeute im Großen. Da ist nun R. die Ehre zuzuerkennen, daß er durch eigenes Nachdenken mit unermüdlichem Fleiß und mehrjähriger Ausdauer ein besonderes Destillationsverfahren in Muffelöfen erfand und so die oberschlesische Zinkindustrie begründete. Im J. 1798 wurde der erste Zinkofen zu Wessela, einem eine Meile von Myslowitz gelegenen Dorfe, in Betrieb gesetzt, bald darauf eine förmliche Zinkhütte, deren Verwalter der Erfinder wurde. – R. ist von Kiß mit Joh. Fr. Böttger, dem Erfinder des Meißner Porcellans, zusammengestellt worden, und allerdings finden sich zwischen beiden und ihren Geschicken bemerkenswerthe Vergleichungspunkte. Beide wollten den Stein der Weisen finden, beide machten Erfindungen, welche ganzen Gegenden einen reichen Gewinn und blühendes Gewerbe brachten, beide erreichten weder ein glückliches Dasein noch ein befriedigendes Ende. Denn hatte R. auch keine Gefangenschaften zu bestehen, verkam er auch nicht so, wie der Erfinder des Porcellans, so führte er doch auch, und besonders in seinen späteren Jahren, ein freudenarmes Leben. Seine Erfindung brachte ihm weniger Freunde und Gönner als Feinde und Neider, und sein sehr empfindliches Gemüth fühlte sich gekränkt [431] und verletzt. Seine Ernennung zum Kammerassessor konnte ihm keine Befriedigung gewähren, kein Weib und Kind dem Unvermählten die trüben Stunden erheitern. So gerieth er in eine geistige Abspannung und brachte menschenscheu und ohne Lust und geistige Kraft zur Arbeit seine Tage dahin, deren letzter dem entkräftet Dahinsiechenden am 5. September 1807 erschien. Dem Vereinsamten gaben nur wenige Bekannte das Grabgeleit, als er am 8. September auf dem Kirchhofe des benachbarten Dorfes Anhalt beigesetzt wurde. Weder das Lebensalter noch der Geburtsort ist im Kirchenbuche richtig angegeben, so wenig zuverlässige Verbindung bestand noch zwischen der Heimath und dem ihr fremdgewordenen Sohne. Solchem Vergessen gegenüber gewährt die Familie Kiß ein schönes Beispiel treuer landsmannschaftlicher Anhänglichkeit. War schon dem Lebenden der Hütteninspector Kiß zu Paprotzan der treueste Freund gewesen, so war es dessen Nachkomme, der Hütteninspector K. zu Gleiwitzer Hütte, der vierzig Jahre nach Ruberg’s Tode, als wucherndes Unkraut dessen Grab umrankte, das Gedenken an den Vergessenen durch einen Aufsatz in der Breslauer Zeitung vom 14. October 1847 erneuerte. Und als dann auf einer Versammlung des schles. Vereins für Berg- und Hüttenkunde zu Oppeln am 12.–14. September 1859 ein Ausschuß hervorragender Persönlichkeiten dem verdienten Erfinder den Dank der Provinz durch ein in Zink auszuführendes ehrendes Denkmal zu setzen beschloß, war die Familie Kiß wieder durch den berühmten Bildhauer August K. vertreten, der den Riß unentgeltlich zu liefern sich erbot. Scheinbar dem Ziel so nahe blieb jedoch dieses Unternehmen unausgeführt.

Jahrbuch des schles. Ver. für Berg- und Hüttenwesen, 1859, S. 268 bis 270, 4°. – Gewerbe-Statistik von Preußen, 2. Theil, Oberschlesien. Vom Regier.-Rath Theod. Schück. Iserlohn 1860. – Zeitschr. des Harzvereins f. Gesch. u. Alterthkde., 1868, S. 357–359; 1888, S. 131–158. – Erhebungen aus Kirchenbüchern und aus wernigerödischen Archiven und Registraturen.