Beschreibung des Oberamts Herrenberg/Kapitel A 2

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II. Natürliche Beschaffenheit.


1. Bildung (Beschaffenheit) der Oberfläche im Allgemeinen.


Die natürliche Beschaffenheit des Bezirks ist, wie allerseits, durch die vorkommenden Gebirgsformationen bedingt; da aber diese mit geringer Ausnahme nur aus Muschelkalk und Keuper bestehen, so sind auch in der Physiognomie unseres Bezirks nur 2 Hauptpartien (Züge) ausgesprochen, welche demselben gerade nicht viel Abwechslung verleihen und zuweilen den Charakter der Eintönigkeit aufdrücken.

Die Partie des Muschelkalks, welche nicht nur die westliche Hälfte - sondern auch sonst noch einen großen Theil des Bezirks einnimmt, bildet das Gäu, ein mit vielen kleinen Thälchen und Mulden durchfurchtes, fruchtbares Flachland, das sich über das durchschnittliche Niveau der Ammer etwa 600 Par. Fuß allmälig gegen Westen erhebt, und an seinen höchsten Stellen der Höhe des Schönbuchs beinahe gleichkommt.

Die dem Hauptmuschelkalk eigenthümlichen, starren Formen des Plateaus und die schroffen, kantigen der Thalgehänge sind hier durch die ihnen zukommende Bedeckung mittelst der Lettenkohlengruppe und des Diluviallehms sehr gemildert, und treten nur im westlichsten Theile des Bezirks wie in der Nähe von Reusten mit einiger Entschiedenheit auf. Obgleich die Gegend des Gäu’s im Allgemeinen etwas eintönig ist, so macht sie doch wegen ihres milden Charakters und ihrer wohlhäbig aussehenden Ortschaften, welche sich zahlreich auf dem weitgedehnten, mit stillen Wiesengründen durchzogenen, getreidereichen Flachlande lagern, einen freundlichen Eindruck, und ruft einen angenehmen Gegensatz gegen den bewaldeten östlichen Theil des Bezirks hervor.

| Auf der linken Seite der Ammer, welche gleichsam die Scheidelinie der beiden Hauptcharakterzüge des Bezirks bildet, erhebt sich mit steiler, mannigfaltig unterbrochener Terrasse, ein mit vielen Thälern und Schluchten ziemlich tief durchfurchter Höhenzug, der Schönbuch, dessen in den Bezirk fallender Theil mit geringer Ausnahme der Keuperformation angehört. Das Plateau desselben, welches sich auf dem Grafenberg bei Kayh, 1733 par. Fuß über die Meeresfläche erhebt, hat keine namhafte Ausdehnung, indem die Thäler und Schluchten meist nahe an den Scheitellinien der Gebirgsrücken beginnen und deßhalb die Hochebene vielfältig unterbrechen. Die ziemlich tief eingeschnittenen Thäler dieser Partie sind enge, und an den steilen Abhängen derselben machen sich die verschiedenen Schichten der Keuperformation durch entsprechende Absätze und Vorsprünge bemerkbar. Besonders ist der Abhang gegen das Flachland durch eine Menge Thälchen und Schluchten, zwischen denen sich mitunter namhafte Vorsprünge gebildet haben, sehr getheilt; derselbe bildet wegen seiner theils gegen Süden, theils gegen Südwesten geneigten Abdachung neben etwas Weinbau, die Heimath einer sehr ausgedehnten Obstzucht, welche sich nicht nur über die Steilgehänge, sondern auch über die gegen die Ammer hinziehenden Ausläufer erstreckt, und im Verein mit den am Fuß der Terrasse liegenden, freundlichen Ortschaften, namentlich der Oberamtsstadt, die ansprechendsten Partien des Bezirks umfaßt. Der übrige Theil des dem Oberamtsbezirk zukommenden Schönbuchs ist, mit Ausnahme der Feldmarkungen von Hildrizhausen, Hohen-Entringen und Roseck, mit üppigen Laubwaldungen bestockt und bildet den ernstesten Zug in der Physiognomie des Bezirks. Außer der angeführten zusammenhängenden Keuperbildung treten auf der rechten Seite der Ammer, bei Oberndorf und Pfäffingen, noch einzelne freistehende Keuperberge auf, welche, gleichsam die Vorposten des Schönbuchs, das Flachland angenehm unterbrechen.

Die bei Hildrizhausen vorkommenden unteren Schichten des schwarzen Jura (Lias) stehen in so geringer Ausdehnung an, daß die ihnen eigenthümlichen Formen auf den Totalcharakter des Bezirks keinen Einfluß zu äußern im Stande sind.

a. Erhebung und Höhenbestimmungen.
Der höchste gemessene Punkt des Bezirks ist der Grafenberg bei Kayh mit 1733 par. Fuß über dem Meere, der tiefste das Niveau der Ammer an der Oberamtsgrenze zwischen Herrenberg und Tübingen mit 1057 par. Fuß über dem Meere. Die allgemeinste Erhebung bewegt sich zwischen 1200 und 1500 par. Fuß| über dem Meere. Von den Wohnorten haben Hildrizhausen, Hohen-Entringen, Roseck, Kuppingen, Ober- und Unter-Jettingen, Ober-Jesingen, Sindlingen und Mötzingen die höchste, – dagegen Oberndorf, Pfäffingen und Unter-Jesingen die tiefste Lage.
Trigonometrisch bestimmte Höhen sind:[1]
Höhe üb. dem Meere.
Württ. F. Par. F.
Altingen, Niveau der Ammer an der Mühle 1349,3 1190,0
Ammer, Niveau derselben unter der Brücke zwischen Herrenberg und Nebringen 1404,8 1239,0
Bondorf, am obern Ende des Orts 1627,0 1435,0
Entringen am obern Ende des Orts 1322,4 1166,0
Gärtringen, mittlere Höhe des Orts 1677,0 1479,0
Höhe im Walde zwischen Gärtringen und Aidlingen 1872,0 1651,0
Herrenberg, Kirchthurmknopf 1790,7 1579,3
Herrenberg, Signal beim Stückhaus 1829,7 1613,7
Herrenberg, Erdfläche an der Post 1543,0 1361,0
Hohen-Entringen, Erdfläche am Schloßeingang 1770,0 1561,0
Kayh, Erdfläche am Pfarrhaus 1534,0 1353,0
Kayh, Jägerhaus bei Kayh 1929,8 1702,0
Kayh, Grafenberg bei Kayh 1965,0 1733,0
Kuppingen, Erdfläche an der Kirche 1831,0 1610,0
Nebringen, Erdfläche am Hirsch 1617,0 1426,0
Nufringen, Erdfläche 1593,0 1405,0
Nufringen, Röthelberg, zwischen Nufringen und Herrenberg 1666,0 1470,0
Roseck, Schloßeingang 1595,3 1407,0
Sindlingen, Erdfläche 1960,4 1729,0
Barometrisch bestimmte Punkte sind:[2]
Höhe über
d. Ammer. d. Meere.
Pariser Schuh.
Ammer, Niveau derselben am tiefsten Punkt des Oberamts, an der Oberamtsgrenze zwischen Tübingen und Herrenberg (Keupermergel) 1057
Entringen, Erdfläche am Ende des Orts, gegen Tübingen (Keupermergel) 122 1179
Poltringen, im Steinbruch am oberen Ende des Orts auf der Grenze zwischen dem dichten Muschelkalk und dem Muschelkalk-Dolomit, gegen 25′ über dem Niveau der Ammer 82 1139
Altingen, Niveau der Ammer an der ob. Mühle, (Muschelkalk) 146 1203
Steinbruch bei Altingen, 1/2 Stunde von Kayh am Ammerthal (dichter Muschelkalk) 181 1238
Ammer, Niveau derselben zwischen Herrenberg und Nebringen unter der steinernen Brücke 195 1252
Herrenberg, Erdfläche an der Post (Keupermergel) 317 1374 |
Herrenberger Schloßberg (schiefriger Keupermergel, etwa 200 Schuhe unter der Spitze des Berges mit schiefrigem, meist schwarz gefärbtem Gyps gemischt, welcher etwas kochsalzhaltig ist), Spitze des Berges 590 1647
Kayh, Erdfläche am Pfarrhaus (untere Keuperschichten mit Gyps) 309 1366
Jägerhaus bei Kayh, Erdfläche auf der Bergkette (weißer grobkörniger Keupersandstein) 658 1715
Grafenberg bei Kayh, höchster Punkt der Bergkette östlich von Kayh (weißer grobkörniger Keupersandstein) 689 1746
Obere Weinbaugrenze, am südlichen Abhange des Grafenbergs (oberer Keupermergel) 612 1669
Mönchberg, Erdfläche des Dorfes (Keupermergel) 473 1530
Roseck, Erdfläche am Eingang des Schlosses (weißer grobkörniger Keupersandstein) 363 1420
Hohen-Entringen, Erdfläche am Eingang des Schlosses (weißer grobkörniger Keupersandstein) 517 1574
Bondorf, am obern Ende des Dorfs (obere Schichten des Muschelkalks) 391 1448
Steinbruch zwischen Bondorf und Nebringen (Lettenkohlen-Sandstein) 347 1404
Nebringen, Erdfläche am Hirsch (obere Schichten des Muschelkalks) 382 1439
Anhöhe zwischen Nufringen und Herrenberg (Keupermergel) 426 1483
Nufringen, Erdfläche (obere Schichten des Muschelkalks) 361 1418
Gärtringen, Erdfläche in der mittleren Höhe des Orts 435 1492
Anhöhe zwischen Gärtringen und Aidlingen im Wald (Muschelkalk-Dolomit) 607 1664
Sindlingen, Erdfläche 687 1742
Kuppingen, Erdfläche am Thurm 571 1628
Mötzingen (Muschelkalk) 612 1669
Mötzinger Höhe auf der Wasserscheide zwischen den Flußgebieten des Neckars und der Nagold (grauer Muschelkalk) 686 1743
Bemerkenswerth sind einzelne Veränderungen, welche sich im Laufe der Zeit an der Oberfläche des Bezirks wahrnehmen ließen. G. F. Rösler führt in seiner Naturgeschichte des Oberamts Herrenberg (Manusc. v. J. 1774, S. 11) Folgendes an: Seit Menschengedenken wurde in Herrenberg beobachtet, daß man von hier aus die Kirchthurmspitze von Deckenpfron kaum wahrnehmen konnte; nun aber sieht man diesen Thurm bis unter das Dach. Gleiches nimmt man in Herrenberg an dem Nufringer Kirchthurm wahr. Von Gültstein aus konnten vor etwa 50 Jahren die Orte Nebringen und Haslach nicht gesehen werden, nun aber sind sie ganz sichtbar. Von Kayh aus war vor 40–50 Jahren der Kirchthurm zu Hailfingen nur wenig sichtbar, gegenwärtig sieht man denselben| ganz, und wenn man auf dem Steinhau steht, sieht man auch den vorhin nicht sichtbaren Ort.
b. Abdachung und Wasserscheiden.

Das Flachland des Bezirks hat seine Hauptabdachung von Westen nach Osten bis zu der Ammer mit einer gleichzeitigen allmäligen Senkung gegen Süden. Der nördliche Theil des Oberamts neigt sich mit geringen Ausnahmen ebenfalls von Westen nach Osten, übrigens nicht gegen die Ammer, sondern gegen die Würm. Von der Höhe des Schönbuchs, welche sich nahe am obern Rande der sich über das Flachland erhebenden Keuperterrasse hinzieht, ist die Abdachung gegen die Ammer eine südwestliche, der den Bezirk angehende Theil des Schönbuchs selbst aber neigt sich ebenfalls von Westen nach Osten.

Da der ganze Bezirk in das Gebiet des Rheins und zunächst in das des Neckars gehört, so kann von einer europäischen Wasserscheide hier nicht die Rede sein, dagegen führt eine untergeordnete Wasserscheide zwischen Neckar und Nagold in einer vielbewegten Kurve südwestlich von Mötzingen in den Bezirk, und in nördlicher Richtung westlich an Mötzingen vorüber auf die sog. Mark; von da durch die Walddistrikte Bahnholz, Kehrau und weiter 1/4 Stunde westlich an Unter-Jettingen vorüber in den Lehlenshau. Nördlich vom Lehlenshau macht sie schnell eine Wendung gegen Westen und zieht auf den Jettinger Berg; dort sich gegen Osten wendend, führt sie ganz nahe (nördlich) an Ober-Jettingen vorbei in die Waldungen Spitzhau und Eichen; von hier in nördlicher Richtung gegen den Hummelberg, doch ehe sie diesen erreicht, wendet sie schnell östlich nach Kuppingen, und von da auf die sog. Hasenbreite, wo sie unter einem beinahe rechten Winkel gegen Süden auf den Röthelberg führt. Von der Kuppe des Röthelbergs geht die Scheitellinie in östlicher Richtung bis auf die sog. Ebene, von da südlich ziehend über den neuen Garten zum Steinhäusle, wo sie einen Bogen gegen Osten macht und auf die Vicinalstraße von Herrenberg nach Hildrizhausen kommt, an der sie bis an den Saum des Waldes fortläuft. Von hier wird die Richtung eine südwestliche bis auf den Lindach und weiter eine östliche bis auf den Kirnberg. Von der Kuppe des Kirnbergs führt sie endlich in südöstlicher Richtung gegen den Eselstritt, und verläßt dort den Bezirk.

c. Erdfälle und Höhlen.
Der Oberamtsbezirk ist ziemlich reich an Erdfällen, welche theils auf dem Plateau des Muschelkalks, theils am Fuße der Keuperterrasse| in dem untern Mergel mit Gyps vorkommen; erstere verdanken ihre Entstehung der Zerklüftung des Hauptmuschelkalks, letztere der allmäligen Auflösung des Keupergypses mittelst unterirdischer Gewässer. Die meisten Erdfälle kommen vor auf den Markungen: Herrenberg, Bondorf, Breitenholz, Entringen, Gärtringen, Haslach, Kuppingen, Mötzingen, Ober- und Unter-Jettingen u. s. w. (s. hierüber die Ortsbeschreibungen). Einzelne derselben führen zu Höhlen, wie in dem Herrenberger Spitalwald, wo man hinuntergeworfene Steine längere Zeit hin- und herrollen und endlich in das Wasser fallen hört; in dem sog. tiefen Schleif bei Mötzingen besteht ein Erdfall, das Pommerlesloch, der zu einer Höhle führen soll. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts entstand in der Nähe des Leinenbrunnens, auf der Markung Kayh, während ein Bauer pflügte, plötzlich eine 9′ tiefe Einsenkung, in welche das an den Pflug gespannte Pferd so einsank, daß es nur mit Mühe wieder herausgebracht werden konnte. Über die in Herrenberg entstandenen Erdspalten siehe die Ortsbeschreibung. Zu Entringen entstand im Jahr 1789 ein Erdfall, in welchen ein Mann hinuntergelassen wurde, bis er in einer Tiefe von 40′ auf Wasser kam; derselbe wollte eine große Höhle gesehen und das Wasser etwas salzig gefunden haben (Schwäb. Chronik 1789 S. 64).


2. Naturschönheiten.


Obgleich dem Oberamtsbezirk vermöge seiner geognostischen Verhältnisse groteske Felsenpartieen, Wasserfälle, Grotten u. s. w. fehlen, so ist er doch anderseits sehr reich an Punkten mit ausgedehnten und reizenden Aussichten[3]. Unter diesen zeichnen sich besonders aus der Schloßberg, der alte Rain und das Steinhäusle bei Herrenberg, der Grafenberg bei Kayh, die Burg Müneck bei Breitenholz, die Schönbuchsspitze bei Entringen, Hohen-Entringen, Roseck und noch mehrere an der Schönbuchsterrasse gelegene Vorsprünge. Von diesen Punkten übersieht man mehr oder weniger das fruchtbare Gäu mit seinen lachenden Ortschaften und freundlichen, milden Thalgründen; gegen Südwesten und Süden wird über die Gegend von Rottenburg und den Rammertwald hinweg ein großer Theil des oberen Steilabfalls der Alp, vom Plettenberg bis gegen die Achalm, sichtbar, und gegen Westen schließt ein ferner Streifen des Schwarzwaldes das Panorama. Auf den höher gelegenen Punkten des Gäu’s, wie auf manchem Kirchthurm der Gäuorte, hat man dagegen veränderte, äußerst freundliche Ausblicke über das Gäu| selbst und auf die obst- und rebenreiche Schönbuchsterrasse, an der sich die Ruine des Schlosses Herrenberg, das hochgelegene Dorf Mönchberg, die Schlösser Hohen-Entringen und Roseck besonders gut ausnehmen. Im östlichen Theil des Bezirks, an dem sog. Stellhäusle bei Hildrizhausen, übersieht das Auge den weitgedehnten Schönbuch und einen Theil des untern Steilabfalls der Alp mit den Vorkegeln Stauffen, Rechberg und Stuiffen.


3. Gewässer.


Der Flächengehalt sämmtlicher Gewässer, d. h. der Flüsse, Bäche und Teiche beträgt 1455/8 Morgen; von diesen kommen auf die Teiche nur 66/8 Morgen.

a. Quellen.

Der Bezirk ist im Ganzen genommen nicht wasserarm; dagegen sind die lebendigen Quellen und beständig fließenden Bäche ungleich über denselben vertheilt und treten in dem östlichen Theil weit häufiger auf, als in dem westlichen und nördlichen, wo mehr periodisch fließende und in trockenen Jahrgängen nachlassende Quellen vorkommen. Mehrere Orte, wie Affstätt, Altingen, Haslach, Kayh, Nebringen, Ober-Jesingen, Ober-Jettingen, Öschelbronn und Unter-Jettingen beziehen ihr Wasser aus Pump- und Ziehbrunnen, während die übrigen neben solchen auch noch laufende Brunnen besitzen. In heißen, trockenen Sommern und sehr kalten Wintern lassen in einzelnen Orten, wie in Breitenholz, Gärtringen, Haslach, Kuppingen, Nebringen, Ober-Jesingen und Ober-Jettingen die Brunnen so sehr nach, daß die Einwohner ihr nöthiges Trinkwasser auswärts, zuweilen in namhafter Entfernung von den Wohnorten, holen müssen. Die am Fuß der Keuperterrasse gelegenen Orte sind zwar alle reichlich mit Quellwasser versehen, indessen führt das Wasser der laufenden Brunnen, beinahe regelmäßig Gypstheile, so daß dasselbe zum Kochen untauglich und zum Trinken mehr oder weniger ungesund ist, wie denn auch in den betreffenden Orten das Vorkommen des Kretinismus und des Kropfes eine Folge des Wassers zu sein scheint.

Namentlich beziehen die Orte Kayh und Mönchberg ihr Kochwasser und einen Theil des Trinkwassers außerhalb der Wohnorte; doch hat ein im Jahr 1841 bewerkstelligter Bohrversuch den Bewohnern von Kayh bei einer Tiefe von 197 Fuß ein etwas weicheres Trink- und Kochwasser verschafft, nachdem man das Bohrloch mit einer Röhre und einem Pumpwerk versehen hat. Von| den Bezirksorten haben Hildrizhausen und Bondorf das beste Trinkwasser in hinreichender Fülle.

Periodisch fließende Quellen, sog. Hungerbrunnen, deren Auftreten gewöhnlich in Folge anhaltend nasser Witterung unfruchtbare Jahrgänge andeuten soll, kommen auf den Markungen Herrenberg, Affstätt, Altingen, Bondorf, Breitenholz, Entringen, Gültstein, Hildrizhausen, Mötzingen, Nufringen, Pfäffingen, Poltringen, Thailfingen und Unter-Jesingen vor.

Eigentliche Mineralquellen sind nicht vorhanden, jedoch kommen gypsführende Brunnen vor, zu Herrenberg, Entringen, Kayh, Mönchberg, Pfäffingen, Rohrau und Unter-Jesingen[4]. Die Gemeinde Breitenholz hat diesem Übel abgeholfen, indem sie eine Quelle oberhalb der Gypsschichte fassen – und in den Ort leiten ließ; Entringen hatte ebenfalls eine über dem Gyps gefaßte Quelle in den Ort geleitet, übrigens die Leitung derselben nicht unterhalten, und entbehrt daher seit längerer Zeit ganz reines Trinkwasser. Das Sulzbrünnle auf der Au unfern Rohrau wurde in den 1770r Jahren von dem damaligen Apotheker zu Herrenberg, Christian Friedrich Gaum dem Jüngern, untersucht, und hat folgende Analyse gegeben: Der Schwefel ist so flüchtig und in so wenig beträchtlicher Menge, daß er sich nicht bestimmen läßt. 384 Theile Wasser hingegen enthalten 3/5 von einem Theil gypsartiger Erde, 2/5 eines Theils von gemeinem Kochsalz, das nach seiner Scheidung gerne wenig alcalisch wird (Rösler Manusc.). Das Wasser des durch Entringen fließenden Käsbachs wurde früher häufig zum Waschen gegen die Krätze mit Nutzen gebraucht. In den Auwiesen bei Rohrau und dem Herrenberger Gemeindewald „Abtswald“ befinden sich Quellen, welche stark incrustiren und Kalktuff absetzen. Wenn der zwischen Nebringen und Hailfingen gelegene Maisenbrunnen stark quillt, so soll er eine Menge microscopischer Schnecken auswerfen. Die Wasser des Heilbrunnens in Hildrizhausen und des Badbrunnens in Bondorf sollen heilsame Kräfte haben, und werden daher von Kranken häufig getrunken. Ersterem wird es hauptsächlich zugeschrieben, daß der Kropf in Hildrizhausen nicht vorkommt; ja man hat in neuerer Zeit die Beobachtung gemacht, daß durch den Gebrauch des Wassers stark ausgesprochene Anlagen zum Kropf sich bedeutend verminderten. Übrigens hat eine kürzlich mit dem Wasser vorgenommene Untersuchung keinen Jodgehalt erkennen lassen.

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b. Flüsse, Bäche und Thäler.

Der westliche Theil des Bezirk ist, wie schon bemerkt wurde, an beständig fließenden Gewässern (Bächen) weit ärmer, als der östliche, wo namentlich der in das Oberamt eingreifende Theil des Schönbuchs von frischen, lebhaften Bächen vielseitig durchzogen wird.

Die Rinnsale (Thäler) der Gewässer richten sich, wie schon früher gezeigt wurde, entschieden nach den vorkommenden Gebirgsformationen; um bei der Beschreibung der Thäler öfterer Wiederholungen überhoben zu sein, soll hier der allgemeine Charakter derselben angegeben werden. Die Thäler des Flachlands, welches der mit Diluviallehm bedeckte Muschelkalk bildet, sind durchgängig unbedeutend, da sich die Gewässer entweder nur in den Lehm oder in die obersten Schichten des Muschelkalks (Lettenkohlengruppe und Dolomit) gefurcht haben und nur selten den eigentlichen Muschelkalk erreichen. Mit langgestreckten flachen Mulden beginnend, sind sie meist enge, und haben nie hohe, aber zuweilen scharf ausgeprägte Thalwände, so daß sie öfters mehr Hohlwegen als Thälern gleichen. An Stellen, wo sie durch den Diluviallehm führen, fehlen ihnen die eigentlichen Thalwände gänzlich, und nur flaches Ackerland lehnt sich zu beiden Seiten der Thalebene an. Besonders bezeichnend für die Partie des Muschelkalks ist das häufige Vorkommen der sog. Trockenthäler, welche nur bei starken Regengüssen oder Schneeabgängen Wasser führen.

Die Thäler des Schönbuchs (Keuper) unterscheiden sich wesentlich von den vorhergehenden, indem sie meist mit engen, baumartig verzweigten Schluchten beginnen, bald tief einschneiden und namhafte, ziemlich steile Thalwände erhalten. Letztere sind durch eine Menge Seitenthälchen und Schluchten getheilt, zwischen denen sich Vorsprünge befinden, die mit breitem, hufartigem Fuß gegen die Thalsohle einfallen. An den Abhängen selbst sprechen sich durch terrassenförmige Abstufungen die verschiedenen Schichten der Keuperformation aus, und die schmalen Thalebenen sind durchaus mit munteren, immer fließenden Bächen bewässert.

Der Bezirk hat keinen größeren Fluß; von den zwei Flüßchen Ammer und Würm, welche demselben angehören, ist

die Ammer das bedeutendere; sie entspringt im ausgedehnteren Sinn in den sog. Sauerwiesen, 1/4 Stunde nördlich von Herrenberg, fließt unter dem Namen „Aischbach“ an der Stadt vorüber, und erhält erst 1/2 Stunde südwestlich von Herrenberg aus der Ammerquelle den ersten namhaften Zufluß und zugleich den Namen Ammer. Von| da weiter an den Orten Gültstein, Altingen, Reusten, Poltringen,

Pfäffingen und Unter-Jesingen vorüberführend, verläßt sie, nachdem sie zuvor noch eine Strecke die Oberamtsgrenze gebildet hatte, den Bezirk und mündet bei Lustnau in den Neckar. Das fleißige Flüßchen, obwohl mit geringem Fall und schlammigem Grund, treibt während seines 41/2stündigen Wegs, den es im Bezirk zurücklegt, die obere, die mittlere und die untere Mühle auf Herrenberger Markung, die Koch-, die Gültsteiner- und die Gyps-Mühle auf Gültsteiner Markung, ferner eine Mühle in Altingen, zwei in Reusten, eine Säge-, Öl- und Gyps-Mühle in Poltringen, und eine Mahlmühle außerhalb dieses Orts, eine Mühle in Pfäffingen, eine in Unter-Jesingen, und endlich eine Kunstmühle unterhalb letzteren Orts. Das Thal der Ammer hat einen äußerst milden und anmuthigen Charakter; die wiesenreiche Thalebene ist von ihrem Beginn bis nach Gültstein ziemlich schmal und mit ganz unbedeutenden Gehängen versehen. Erst unterhalb Gültstein erweitert sie sich namhaft, die Thalwände verflachen sich und werden als Ackerland benützt, bis in der Nähe von Reusten das Thal sich abermals verengt und zugleich ziemlich hohe, scharf ausgeprägte Muschelkalk-Thalwände erhält. Diesen Charakter behält es bis Poltringen, wo es den Muschelkalk verläßt und in die Keuperformation eingeht. Die Thalsohle erweitert sich hier wieder, und in einiger Entfernung von ihr treten kräftige, theils bewaldete, theils mit Reben und Obstbäumen bepflanzte Keuperberge auf, die im Verein mit der frucht- und wiesenreichen Thalebene die schönste Partie des Bezirks bilden.

In die Ammer und in das Thal derselben münden, außer vielen mehr oder minder bedeutenden Quellen, folgende Bäche und Trockenthäler:

a. Auf der rechten Seite:

1) Der Landgraben (Leinenbrunnen), ein unbedeutender nur periodisch stark fließender Bach, welcher südlich von Kuppingen beginnt, aber ehe er die Ammer (Aischbach) erreicht, in den Boden sich versenkt, um dieser unterirdisch Zufluß zu verschaffen. Sein unbedeutendes, nur 3/4 Stunden langes Thälchen beginnt in zwei Zweigen und führt unterhalb Herrenberg in das Ammerthal; es trägt den entschiedenen Charakter eines in den obern Schichten des Muschelkalks (Lettenkohlengruppe) führenden Thälchens. In dasselbe geht ein Trockenthälchen ein, welches vom sog. Otternzipfel herkommt und eine Länge von etwa 1/4 Stunde hat.

2) Der Holdergraben, ein 1/2 Stunde langes Trockenthälchen mit einigen Seitenrinnen, beginnt ebenfalls am Walddistrikt Otternzipfel, und geht 1/4 Stunde unterhalb Herrenberg in das Hauptthal. Sein Charakter ist im Allgemeinen dem vorigen gleich.

| 3) Der Haldengraben, ein ziemlich scharf eingeschnittenes, enges, jedoch nicht tiefes Trockenthälchen, welches am Walddistrikt „Eichen“ beginnt und 1/2 Stunde unterhalb Herrenberg in das Ammerthal einläuft.

4) Der Buchgraben, ebenfalls ein Trockenthal, welches dem letzteren ziemlich ähnlich ist und nur periodisch Wasser führt. Nördlich von Sindlingen beginnend, geht es nach 1stündigem Lauf 1/4 Stunde östlich von Haslach in das Hauptthal.

5) Das Kletter-Thal, weiter unten Frohn-Thal genannt, nimmt seinen Anfang zwischen Haslach und Nebringen, ist nur 1/2 Stunde lang, ganz unbedeutend, und geht unterhalb der unteren Mühle ein.

6) Der Zinsgraben ist noch unbedeutender und nur 1/8 Stunde lang.

7) Der Fließengraben beginnt bei der Gypsmühle unterhalb Gültstein, lauft 1/4 Stunde lang neben der Ammer hin, und verbindet sich mit dieser bei Altingen.

8) Der Thürnengraben, weiter unten der Steiggraben, beginnt nordwestlich von Thailfingen, und mündet nach einem 3/4stündigen Lauf bei Altingen unter dem Namen Schmalbach in die Ammer. Sein unbedeutendes Thal nimmt schon bei dem Noppenbrunnen, südwestlich von Nebringen, seinen Anfang, zieht 1/2 Stunde trocken fort, und führt erst von Thailfingen an einen Bach. In dasselbe gehen der Madengraben von Nebringen her, in welchem der Maisenbrunnen sich befindet, und das sog. Hecken-Thal, in dem ebenfalls einige nie versiegende Quellen zum Vorschein kommen. Der periodisch fließende Seltenbrunnen, zwischen Thailfingen und Altingen, gewährt dem Steiggraben zuweilen einen Zufluß.

9) Der Aischbach, weiter unten der Kochenhardtgraben genannt, entspringt an der Landstraße zwischen Nebringen und Bondorf. Nach einem Lauf von 5/4 Stunden versenkt er sich und kommt unfern Reusten wieder zu Tage, um bald darauf in die Ammer zu münden; während seines Laufs verläßt er den Oberamtsbezirk eine Zeit lang, indem er einen Weg von etwa 3/4 Stunden auf der Markung Hailfingen, O.A. Rottenburg, zurücklegt. Bei starken Regengüssen tritt der Bach öfters aus und richtet beträchtlichen Schaden an. Sein Thal ist Anfangs unbedeutend, erhält aber bald den ziemlich ausgeprägten Charakter eines Muschelkalkthales, welches, je näher es seiner Ausmündung kommt, desto entschiedener und kräftiger wird. Ein 2 Stunden langes Trockenthal, das unter dem allgemeinen Namen „Thal“, auch Haldengraben-Thal, bei Unter-Jettingen beginnt, führt 1/4 Stunde nordöstlich von Bondorf in das Aischbach-Thal, nachdem es mehrere trockene Seitenthäler, und kurz vor seiner Einmündung das 1/2 Stunde lange, von Nieder-Reuthin herkommende Steiner-Thal aufgenommen hatte; in letzteres führt das von Bondorf herkommende Brühlgraben-Thal.

b. Auf der linken Seite gehen ein:

1) Ein Bach, welcher am südöstlichen Fuß des Herrenberger Schloßberges beginnt, durch das ganz unbedeutende Gutleuthaus-Thälchen fließt und an der mittleren Mühle unterhalb Herrenberg einmündet.

2) Der bei Mönchberg beginnende Salzgraben führt durch flaches Ackerland und nach einem 1/2stündigen Lauf unterhalb der Gyps-Mühle in die Ammer.

3) Einige unbedeutende Trockenthälchen, das Aischbach-Thal, der Sahlengraben und das Augelen-Thal ziehen zwischen Altingen und Reusten in das Ammer-Thal.

4) Der Käsbach entspringt in zwei Armen, von denen der eine, der Rohrbach, 1/4 Stunde westlich von Breitenholz, der andere, der| Hungerbrunnen, zunächst bei Breitenholz entspringt. Beide vereinigen sich bei Entringen und bilden den Käsbach, welcher unterhalb Entringen eine Mühle treibt, und nach einem 1stündigen Lauf bei Pfäffingen einmündet. Der Bach fließt meist durch flaches Ackerfeld, und hat deßhalb kein eigentliches Thal.

5) Der Enzbach nimmt in zwei Armen nördlich von Roseck seinen Anfang und mündet nach einem Lauf von einer 1/2 Stunde oberhalb Unter-Jesingen ein. Sein Thal ist enge und hat hohe, ziemlich steile, meist mit Reben kultivirte Thalgehänge.

6) Der Heinbach beginnt in mehreren Zweigen südöstlich von Hohen-Entringen, kommt bald auf die Oberamtsgrenze zwischen Herrenberg und Tübingen, an welcher er vollends bis zu seinem Einfluß in die Ammer fortzieht. Sein enges, mit hohen, ziemlich steilen, meist bewaldeten Abhängen versehenes Thal trägt den echten Charakter eines Keuperthales.

7) Der Goldersbach, anfangs auch der Ramsbach genannt, entspringt im Schönbuch 1 Stunde östlich von Herrenberg, kommt nach einem Lauf von 5/4 Stunden auf die Bezirksgrenze, und nachdem der muntere Bach an dieser 11/2 Stunden fortgelaufen ist, verläßt er den Bezirk, um bei Lustnau in die Ammer zu münden. Sein enges, tiefes Waldthal, bei seinem Beginnen das Sommer-, weiter unten das Meder-Thal genannt, hat ziemlich steile, durch viele Seitenschluchten häufig unterbrochene Gehänge, an denen sich die verschiedenen Keuperschichten durch Abstufungen aussprechen.

In den Goldersbach gehen: a) Auf der rechten Seite, der Arabach, welcher 3/4 Stunden nordöstlich von Entringen seinen Anfang nimmt und nach einem 3/4stündigen Lauf über die Oberamtsgrenze geht, um 1/4 Stunde oberhalb Bebenhausen einzumünden. b) Auf der linken Seite, die Lindach welche etwa 1/4 Stunde nördlich von den 24 Buchen in dem Schönbuch entspringt, nach einem 1stündigen Lauf auf die Bezirksgrenze kommt, und bald darauf einmündet. Sie erhält während ihres Laufs mehrere, jedoch nicht bedeutende Zuflüsse. Die Thäler der beiden Bäche tragen das entschiedene Gepräge der Keuperformation.

Das zweite Flüßchen des Bezirks ist

die Würm; um ihren Ursprung streiten sich die Orte Hildrizhausen im diesseitigen Bezirk, und Altdorf im Oberamt Böblingen, sie entspringt demnach in zwei Armen, welche sich nach kurzem Lauf vereinigen. Die Würm bei Hildrizhausen hat ihren Ursprung im Horberthälchen, 1/8 Stunde südlich vom Ort, fließt an demselben vorüber, treibt dort in jugendlicher Frische zwei Mühlen, und verläßt 1/2 Stunde nördlich von Hildrizhausen den Oberamtsbezirk.

Das stille anmuthige Wiesenthal erhält erst bei Hildrizhausen Thalwände, die auf der rechten Seite ziemlich steil, jedoch nicht hoch sind, während sie auf der linken Seite sich mehr abflachen.

In die Würm gehen:

a. Auf der rechten Seite:

1) Der Gaisengraben und der Seebrunnen, beide entspringen in kleiner Entfernung von einander, 1/4 Stunde südlich von Hildrizhausen, und gehen bald nach ihrer Vereinigung in die Würm.

2) Die Altdorfer Würm, in der Nähe von Altdorf entspringend,| kommt sie bald auf die Grenze zwischen den Bezirken Herrenberg und Böblingen, und nachdem sie diese 1/8 Stunde gebildet hatte, mündet sie in die Hildrizhauser Würm ein.
b. Auf der linken Seite:

1) Der Heiligenbrunnen entspringt 1/8 Stunde westlich von Hildrizhausen und geht im Ort in die Würm.

2) Der Krebsbach entspringt in zwei Armen 1/2 Stunde südlich von Rohrau, fließt an letzterem Ort östlich vorüber, und geht 1/2 Stunde unterhalb desselben über die Bezirksgrenze, um bei Ehningen, O.A. Böblingen, in die Würm zu münden. Anfangs durch ein tiefes, mit vielen Seitenschluchten versehenes Waldthälchen der Keuperformation fließend, tritt er unfern Rohrau in das flache Ackerland und verliert dort die Thalwände, dagegen erweitert sich die Thalsole bis zu einer 1/8 Stunde, und behält diese Breite bis zur Oberamtsgrenze.

Während seines Laufs von 5/4 Stunden erhält der Krebsbach als Zuflüsse: a) den Brühlgraben, welcher durch die Vereinigung des Dorfgrabens, des Seegrabens und Hungergrabens gebildet wird und 1/8 Stunde nördlich von Rohrau einmündet. b) Den von Gärtringen herkommenden Rindbrunnenbach, und c) einen Bach, der aus der Kohlklinge 1/4 Stunde östlich von Rohrau kommt, und nach einem 1/2stündigen Lauf einmündet.

Noch sind einige Trockenthäler zu erwähnen, wie das bei Gärtringen beginnende Deufringer Thal, welches übrigens bald den Bezirk verläßt und unterhalb Dachtel in das Aithal zieht. Ferner das Thennen-Thal, welches bei Deckenpfronn, im Oberamt Calw anfangend, 1/2 Stunde nördlich von Ober-Jesingen in den Bezirk kommt, und seinen Zug gegen Nufringen nimmt, wo es sich verliert. Endlich fällt noch der Anfang des gegen die Nagold ziehenden Agenbach-Thals in den Bezirk. Es beginnt in mehreren Verzweigungen, von denen die bedeutendste das Mäntles-Thal genannt wird, 1/4 Stunde nördlich von Ober-Jettingen, erhält bald steile und namhafte Gehänge, und führt nach einem ziemlich gekrümmten Zug von 1/2 Stunde über die Bezirksgrenze.

c. Stehende Gewässer[5].

Von noch bestehenden Seen und Weihern sind zu nennen, 2 Seen an dem Hardtwald auf der Markung Altingen, von denen übrigens einer am Abgehen ist, ein kleiner See auf der Höhe des Schönbuchs westlich von Kayh, einer 1/4 Stunde nördlich von Poltringen, und ein ganz unbedeutender westlich von Unter-Jesingen; Weiher bestehen bei Hohen-Reuthin, in Wurmfeld und im Schloßgarten zu Mötzingen. Außer diesen befinden sich in sämmtlichen Orten des Bezirks, mit Ausnahme der an Flüßchen und Bächen gelegenen, Wetten, welche theils zum Schwemmen der Pferde, theils auf den Fall von Feuersgefahr angelegt wurden.

Von abgegangenen Seen und Weihern waren die bedeutendsten die beiden Seen (der obere und der untere) bei Herrenberg und| der auf den Seewiesen bei Gültstein gelegene; minder bedeutend waren die Weiher auf der Flur zu Reistingen bei Herrenberg, deßgleichen zwischen letzterem Ort und Gültstein; ferner bei Hohen-Reuthin, bei dem Spitalwald, nördlich von Entringen, am Seebrunnen bei Hildrizhausen, bei Mötzingen, der Iselbronner Weiher bei Nufringen, westlich von Oberndorf, südöstlich von Öschelbrunn oberhalb des Distrikts Weildorf, südwestlich von Pfäffingen, um die Kirche zu Rohrau 1/4 Stunde südlich von Thailfingen, im Rosecker Thälchen u. s. w.


4. Boden.


Da die Bodenarten bei den betreffenden Ortsbeschreibungen in ihren Einzelnheiten angeführt werden, so findet hier nur eine übersichtliche Beschreibung derselben Statt. Der Boden ist im Allgemeinen ziemlich verschieden, gehört übrigens im größeren Theil des Bezirks zu den ergiebigeren des Landes und richtet sich, wie aller Orten, nach den anstehenden Gebirgs- und Erdschichten, indem derselbe theils aus deren Trümmern und Zersetzungsprodukten, theils aus Diluvial- und Alluvial-Ablagerungen besteht. Die bedeutendste Rolle spielt der Diluviallehm, ein fruchtbarer, milder, mehr oder weniger tiefgrundiger Lehm, der sich über den größten Theil des Gäu’s und theilweise an den Ausläufern der Schönbuchsterrasse abgelagert hat. Seine Unterlagen sind sehr verschieden und bestehen aus den obersten Gliedern des Muschelkalks, (den Mergeln und Sandsteinen der Lettenkohlengruppe), aus Muschelkalk-Dolomit, aus Hauptmuschelkalk, aus Keupermergel u. s. w. An mehreren Stellen treten diese Unterlagen der Oberfläche ziemlich nahe und äußern, abgesehen von der ihnen mehr oder minder zukommenden Durchlaßbarkeit der Feuchtigkeit, einen bedeutenden Einfluß auf den Boden, indem sie diesem ihre Zersetzungsprodukte mittheilen und ihn, z. B. wenn Mergel die Unterlage bildet, in einen etwas kalten, thonigen Boden, und wenn die Sandsteine unterlagern, in einen etwas mageren, düngerbedürftigen Sandboden umwandeln. Wirkt der Dolomit auf die Oberfläche ein, so erscheinen leichte Böden, die in etwas nassen Jahrgängen ergiebiger sind, als in trockenen, und tritt der Hauptmuschelkalk der Oberfläche ziemlich nahe, so bringt er häufig eine günstige Mischung von Kalk und Lehm oder Kalk und Thon hervor. Gegen die westliche Bezirksgrenze nimmt der Diluviallehm ab, und der hier anstehende Hauptmuschelkalk macht sich immer mehr geltend, bis er endlich, wie auf den westlichen Theilen der Markungen Mötzingen, Ober- und Unter-Jettingen so sehr überhand nimmt, daß die Muschelkalkbruchstücke in zahlloser Menge auf der Oberfläche herumliegen, welche| dann von dem fleißigen Landmann, um sich den Bau seiner Felder zu erleichtern, zusammengelesen und auf Haufen aufgeschüttet werden müssen.

Dergleichen Böden, die minder ergiebig, zuweilen sogar unergiebig sind, kommen auch noch an Thalabhängen, besonders in der Gegend von Reusten vor; da aber diese meist eine steile Abdachung haben und die Krume deßhalb leicht abgeschwemmt wird, so kommt das Gestein der Oberfläche so nahe, daß manche Stellen kulturunfähig werden und nur noch als Weide einigen Nutzen gewähren.

Im östlichen Theile des Bezirks, wo die Keuperformation ansteht, ist der Boden ein von dem des Gäus ganz verschiedener, und besteht auf der Anhöhe aus einem mehr oder weniger mit Thon gemengten zersetzten grobkörnigen Keupersandstein (Stubensandstein), dem in unbedeutender Tiefe der Sandstein selbst oder kalter, wasserhaltiger Thon zur Unterlage dienen; häufig und zuweilen in namhafter Ausdehnung überlagern den grobkörnigen Sandstein die oberen Keupermergel und bilden einen für die Waldvegetation günstigen, strengen Thonboden. An den Gehängen der tiefer eingeschnittenen Thäler, besonders aber an der gegen das Gäu steil abfallenden Terrasse erscheinen unter dem grobkörnigen Keupersandstein tiefgründige, für den Wein- und Obstbau taugliche Mergel, die in ihrer Zersetzung einen starken, rothen Thonboden liefern, welcher an vielen Stellen von den Abhängen abgeschwemmt und an dem Fuß derselben abgelagert wurde, wo er dann nicht nur für den Obstbau, sondern auch bei hinreichender Düngung für den Getreide- und Wiesenbau zuträgliche Böden bildet. Der feinkörnige Werkstein (Schilfsandstein) durchzieht die bunten Mergel und macht sich theils auf Vorsprüngen, theils auf Kuppen einzeln stehender Keuperberge, wie bei Pfäffingen, etwas geltend, indem seine Zersetzungsprodukte einen leichten, magern, sehr düngerbedürftigen Sandboden zur Folge haben. An den unteren Gehängen der Schönbuchsterrasse und an den Ausläufern derselben tritt ein meist blauer, mit mächtigen Gypsbänken durchzogener Mergel auf, welche häufig bis in die mittleren, über dem Werkstein lagernden, rothen Mergel hinaufgreifen und einen bedeutenden, gerade nicht vortheilhaften Einfluß auf die Vegetation äußern, indem die Böden an dergleichen Stellen als hitzige, regenbedürftige erscheinen und öfters wenig Ertrag abwerfen. Diese mit Gyps durchsetzten Mergel erzeugen zwar weniger aber besseren Wein als die übrigen bunten Mergel, wenn sie aber durch früher auf ihnen getriebenen Weinbau tief gereutet und mit andern Erdarten übertragen worden sind, so eignen sie sich gut für Getreide-,| Obst- und namentlich für den Luzernebau, ist ihnen aber diese Bebauung nicht zugekommen, so sind sie beinahe jeder Kultur unfähig, und können nur durch fleißige Düngung und den Anbau von Esparsette einigermaßen gehoben werden. Im diesseitigen Bezirk wurden glücklicher Weise die meisten dieser Böden früher für den Weinbau benützt, und sind nun, mit Ausnahme der noch bestehenden Weinberge, in neuerer Zeit die Heimath des Obst- und Luzernebaus geworden.

In den Thalebenen, namentlich in dem Ammerthal, haben sich im Laufe der Zeit meist schwarze, humusreiche Alluvialbodenarten abgelagert, welche sich trefflich für den Wiesenbau eignen, und nur an einzelnen Stellen, wo sie sich der Torf- und Moorbildung nähern, etwas saures Futter liefern. Im Allgemeinen haben die Markungen Bondorf, Nebringen und Thailfingen die ergiebigsten Getreideböden, während Hildrizhausen und Rohrau in dieser Beziehung zu den geringsten des Bezirks gehören. Die Markung Hildrizhausen ist in den Bodenverhältnissen von den übrigen in so ferne ganz verschieden, als hier die unteren Schichten des schwarzen Jura (Lias) in unbedeutender Tiefe den Boden theilweise unterlagern und denselben naßkalt machen; an einzelnen Stellen der Markung treten nahrungslose Turnerithone auf, und an anderen macht sich ein grobkörniger, magerer Keupersand geltend.


5. Luft und Witterung[6].


Die Luft ist in den höher gelegenen Ortschaften des Gäus gesund und rein, dabei meist sehr bewegt, so daß sie häufig Rheumatismen erzeugt, dagegen in den niedriger gelegenen Thalorten mehr oder weniger stagnirend und feucht, was sodann in Verbindung mit nächtlicher Abkühlung und dazwischen eintretenden Luftströmungen (Zugluft) hauptsächlich zu der in diesen Ortschaften des Ammerthals verbreitern kretinischen Anlage disponiren mag. Gegen Nord- und Nordostwinde sind diese Ortschaften meistens geschützt, auch ist die südwestliche Richtung des Windes überhaupt vorherrschend. Nordostwinde kommen überdieß in Herrenberg, Kuppingen, Nufringen und Gärtringen häufig vor, dagegen werden reine Nord-, Ost-, Süd- und Westwinde nur selten und nur vorübergehend beobachtet indem sie meist bald in Südwest oder Nordost umschlagen.

Der mittlere Barometerstand ist durchschnittlich eine halbe Linie| tiefer als in Stuttgart; wird dieser nach 2 täglichen Beobachtungen (Morgens 7 Uhr und Mittags 2 Uhr) auf +15° R. reduzirt, so beträgt er von den Jahren 1825–1832 27″ 4,773‴, so daß demnach der mittlere Barometerstand von Herrenberg = 26″ 9,773‴ betrüge.

Die Lufttemperatur der Gauorte ist durchschnittlich 1/2, der Ammerorte 1/4 Grad R. niedriger als in Stuttgart. Dennoch tritt die Blüthe- und Erntezeit in der Regel im Ammerthal um 8, im Gäu um 10–12 Tage später ein als in Stuttgart, was wohl auch mit den größern nächtlichen Abkühlungen der Luft, welche dort ziemlich allgemein stattfinden, zusammenhängen mag.

In Beziehung auf Gewitterschaden tritt der Bezirk so ziemlich in eine Linie mit den benachbarten Oberämtern Nagold und Horb. Bei einer bebauten Fläche von 47.518 Morgen wurde in den Jahren 1828–42 im Ganzen 73751/2 Morgen von Hagelschlag betroffen, was durchschnittlich eine jährliche Beschädigung von 491,7 Morgen ausmacht, die einer Quote von 0,01034 entspricht. Seit 1842 hat ein von Sturm begleiteter Hagelschlag am 14. Juli 1846 hauptsächlich die Gemeinde Unter-Jesingen betroffen; am 7. August desselben Jahrs brach ein Hochgewitter, von Hagel und Überschwemmung begleitet, in Herrenberg aus, und am 11. Mai 1851 betraf wiederum Hagelschlag einen Theil des Bezirks.

Von besonderen Naturerscheinungen ist anzuführen, daß um die Mitte des vorigen Jahrhunderts durch ein Erdbeben auf dem Marktplatz der Oberamtsstadt eine Erdspalte entstand, der Kirchthurm der Höhe nach einen Riß bekam, und ein am Schloßberg gelegenes Haus um zwei Fuß sich senkte.

Am 6. Juli 1850 wurde in der Oberamtsstadt, Vormittags 11 Uhr, bei hellem Sonnenschein ein kugelförmiges leuchtendes Meteor beobachtet.

Im September 1852 wurden durch einen heftigen Orkan große Verheerungen an Obstbäumen und in den Waldungen von Herrenberg angerichtet.


6. Gebirgsarten, Versteinerungen und Mineralien.


Die geognostischen Verhältnisse des Bezirks sind ziemlich einfach und umfassen nur die oberen Schichten der Muschelkalkformation, den Keuper, die unteren Schichten der jurassischen Bildungen (Liassandstein, Liaskalk, Turnerithone) und das aufgeschwemmte Land. Im Allgemeinen zeigen die Gebirgsschichten ein bedeutendes Einfallen von Westen nach Osten, so daß z. B. der Hauptmuschelkalk

| bei Mötzingen um 466 par. Fuß höher liegt als bei der oberen Mühle bei Altingen. Die Schichten in ihrer Altersfolge von unten nach oben sind folgende:

1) Die Muschelkalkformation, welche nur mit ihren 2 obersten Gliedern, dem Hauptmuschelkalk und dem Muschelkalk-Dolomit, zu Tage geht, wenn nicht anders die über der Formation ziemlich verbreitete Lettenkohlengruppe, über deren Einreihung sich die Geognosten noch nicht geeinigt haben, auch zur Muschelkalkformation gerechnet wird. Der Hauptmuschelkalk erscheint hauptsächlich an den schroffen Thalgehängen der Ammer unterhalb Altingen und setzt bis nach Poltringen fort, ebenso an den Gehängen des Kochenhardtgrabenthals, wo er zwischen Bondorf und Öschelbronn beginnt und bis nach Reusten fortsetzt. Außer diesen Stellen kommt er zusammenhängend, das Plateau bildend, im westlichsten Theile des Bezirks auf der Markung Ober-Jettingen und westlich von den Orten Kuppingen, Unter-Jettingen und Mötzingen vor. Nordöstlich von Ober-Jesingen und nordwestlich von Gärtringen greifen noch einige Muschelkalkthäler in ganz geringer Ausdehnung in den Bezirk ein; bei Haslach und Sindlingen kommt der Hauptmuschelkalk nur vereinzelt zu Tage und weicht bald wieder den ihn überlagernden Schichten. Über dem Hauptmuschelkalke entwickelt sich in ziemlicher Mächtigkeit und namhafter Verbreitung der Muschelkalkdolomit (Malmstein), der häufig die Abhänge der minder tief eingeschnittenen Thälchen und nicht selten auch das Plateau theilweise bildet, wie bei Nufringen, Ober-Jesingen, Kuppingen, Herrenberg, Gültstein, Unter-Jettingen, Öschelbronn, Mötzingen, Reusten u. s. w. Die sparsamen Petrefakte desselben bestehen in Gervillia socialis, Terebratula vulgaris, Pecten lävigatus, Ammonites nodosus s. Nautilus bidorsatus.

2) Die Lettenkohlengruppe, welche sich durch die Einschlüsse von fossilen Land- und Uferpflanzen wesentlich von dem Muschelkalk unterscheidet, und sich wie der eigentliche Keuper deutlich als ein Schlamm- und Sandgebilde des Meeresstrandes kundgibt, erscheint besonders ausgeprägt in der Nähe von Seebronn und Bondorf, wo sie dem Terrain sanft gewölbte Hügelformen verleiht. An beiden Stellen lagert unter dem Diluviallehm ein mehr oder weniger thonhaltiger Kalkmergel (Lettenkohlenkalk), welcher Abdrücke und Steinkerne von Myophoria Goldfusii, Gervillia socialis einschließt. Darunter folgen Thon- und Sandmergel und ein schöner grünlichgrauer feinkörniger Sandstein, 10 bis 25 Fuß mächtig, welcher allgemein zum Hochbau verwendet wird und zahlreiche Calamiten, Equiseten und Farrenkräuter-Abdrücke einschließt.| Bei Unterjesingen findet sich ein interessantes Konglomerat von buntscheckigen Mergelbrocken, durch ein dolomitisches Bindemittel verbunden, an der oberen Grenze der Lettenkohlengruppe, welches deutlich die unmittelbare Niederschlagung des Keupers auf die Lettenkohlenbänke beweist. Die Lettenkohlengruppe erscheint den Dolomiten des Muschelkalks aufgelagert, hauptsächlich bei Gärtringen, zunächst bei Kuppingen, zwischen Herrenberg und Haslach, westlich von Gültstein, bei Thailfingen, bei Bondorf, Poltringen u. s. w. Ihre Verbreitung in dem Bezirk ist übrigens weit beträchtlicher, dagegen ihr Vorkommen häufig durch eine zum Theil ziemlich mächtige Bedeckung von Diluviallehm dem Auge entzogen. An Stellen, wo die Lettenkohlengruppe vollkommen ausgebildet vorkommt, erscheint zunächst unter der Ackerkrume eine 4′ und darüber mächtige Dolomitschichte, die dem Muschelkalkdolomit so ähnlich ist, daß sie ohne Aufschluß der Unterlage von diesem nicht wohl unterschieden werden kann. Da aber nicht selten, namentlich auf dem flachen Lande, nur die zu oberst anstehende Schichte sich wahrnehmen läßt, so können sich hier, auch bei gewissenhaftesten Beobachtungen, Irrthümer einschleichen, indem man die obere Dolomitschichte der Lettenkohlengruppe mit dem Muschelkalkdolomit verwechselt. Im Lettenkohlensandstein kommen Equiseten und Lingula tenuissima vor; bei Kuppingen wurden schon im Jahr 1597 Versuche gemacht, die Lettenkohlen abzubauen. Ein Lettenkohlensandsteinbruch am Netzbrunnen westlich von Gültstein zeigt von oben nach unten folgende Schichtenreihe: 1. Dammerde 2′ mächtig, 2. Dolomit 4′ m., 3. dolomitischer Kalk 5′ m., 4. Kohlenflöz 2″ m., 5. schiefriger Mergel 2′ m., 6. dolomitischer Kalk 1′ 5″ m., 7. Mergel 1′ m., 8. blauer Kalkstein 1′ 5″ m., 9. Mergel in Sandsteinplättchen übergehend 1′ 5″ m., 10. Lettenkohlensandstein 10′ m., und 11. Sandsteinplatten 10′ m. 3) Östlich von der bedeutend gegen Osten geneigten, mit der Lettenkohlengruppe und Diluviallehm bedeckten Muschelkalkfläche, erhebt sich der eigentliche Keuper, seine Vorhügel und Ausläufer öfters bis an die linken Ufer der Ammer vorschiebend. Er beginnt mit blauen und röthlichen Mergeln, in welchen der Gyps[7] in sehr beträchtlicher Ausdehnung eingelagert ist; derselbe wird häufig| abgebaut und geht zuweilen in Alabaster über, wie bei Herrenberg, Kayh u. s. w. Schon Herzog Ludwig ließ im Jahr 1584 bei Kayh Alabaster abbauen; später benützte man einen Bruch an der Straße nach Herrenberg, aus dem das Material zu dem Altar in der neuen evangelischen Schloßkapelle zu Ludwigsburg gewonnen wurde. Der Gyps, in dessen Nähe zuweilen auch Fraueneis oder blättriger Gyps vorkommt, tritt hauptsächlich am Fuß und an den Ausläufern der Keuperterrasse von Herrenberg bis Poltringen und bei Rohrau auf. Über den Mergeln mit Gyps entwickelt sich der Bausandstein (Schilfsandstein) zuweilen Equisetum columnare, Calamites arenaceus, Pterophyllum Jägeri enthaltend; im Allgemeinen weniger ausgebildet, und wie es scheint durch den Gyps etwas zurückgedrängt, tritt er hauptsächlich bei Herrenberg (Schloßberg), Breitenholz, Entringen etc. auf, während er an einzelnen Stellen wie z. B. bei Rohrau nur durch unbedeutende Sandsteinplättchen repräsentirt wird. Auf dem Schilfsandstein lagern grellfarbige mit dolomitischen Steinmergeln durchzogene Letten (Mergel), in denen der ihnen sonst zukommende Kieselsandstein beinahe ganz fehlt, dagegen treten abermals zum Theil nicht unbedeutende Gypslager in denselben auf. Gegen oben gehen diese Mergel allmälig in den weißen, grobkörnigen Sandstein (Stubensandstein) über, welcher meist die obersten Gehänge der Schönbuchsterrasse und das Plateau des Schönbuchs selbst bildet. Eine sehr harte Abänderung des Stubensandsteins, welche zu Straßenmaterial benützt wird, steht auf der Hochebene östlich von Herrenberg und an andern Orten an. In dem Stubensandstein kommen zuweilen Nester von Steinkohlen vor; ein solches wurde in jüngster Zeit südlich von Hildrizhausen aufgefunden, dessen ziemlich reiche Ausbeute die Schmiede in H. benützten. Das Plateau des Stubensandsteins wird stellenweise von den rothen Thonletten und diese von einem feinkörnigen Sandsteine überlagert, den einzelne Geognosten dem Keuper, andere dem Lias anreihen.

4) Im nordöstlichen Theile des Bezirks auf der Markung Hildrizhausen erscheinen, etwas abnorm, die unteren Glieder des schwarzen Jura (Lias), indem gegen Süden und Westen der Keuper sich über dieselben erhebt; sie beginnen mit dem Liaskalk, welcher südlich von Hildrizhausen in geringer Ausdehnung von den Turnerithonen mit Ammonites Turneri, armatus u. s. w. überlagert wird. In dem Liaskalk kommen vor: Gryphaea arcuata, Ammonits Buklandi, Conybeari, Stiele von Peutacrinites basaltiformis u. s. w.

5) Von dem aufgeschwemmten Land ist der Diluviallehm| über sämmtliche Formationen mehr oder weniger, besonders aber über das sogenannte Gäu verbreitet, und erreicht dort zuweilen eine beträchtliche Mächtigkeit; in ihm finden sich außer einer großen Menge kleiner Süßwasserschnecken, namentlich Helix hispida, var. Diluvii, Succinea oblonga u. a., häufig rundliche Knauer von Kalkmergeln (sog. Lößkindlein), welche ihn mit dem Löß in den Rheingegenden paralellisiren.

6) Die Alluvialgebilde, aus Lehm, Thon, Gerölle, Sand u. s. w. bestehend, haben sich meist in den Thalebenen und an den Ausläufern der Berge abgelagert; jüngerer Süßwasserkalk kommt bei Reusten, bei Herrenberg und in dem Herrenberger Gemeindewald „Abtswald“ vor.


7. Pflanzen- und Thierreich.


A. Pflanzen.

Die Flora des Bezirks gehört zu der des schwäbischen Mittel- und Hügellandes, beherbergt jedoch, der Lage gemäß, einige Bürger des Schwarzwaldes, und weil in manchen Gegenden der Kalkboden sich geltend macht, auch solche Pflanzen, welche dem Gebiet der Alp angehören.

a) Bäume. Die Laubwälder sind meist gemischt, so zwar, daß bald die Stiel- und Steineiche, bald die Rothbuche, bald die Birke vorherrscht; außerdem findet sich die Hainbuche, der Stumpf- und Spitzahorn, Maßholder, die Esche, Linde, Ulme, Erle, Espe, Saalweide, Vogelkirsche, Holzbirne, der Holzapfel, Vogel- und Elsenbeerbaum (Pyrus torminalis), die Mehlbirne (Pyrus Aria). Von Nadelhölzern ist die Rothtanne und Forche am häufigsten, die Weißtanne sparsamer und mehr zerstreut zu treffen.

b) Sträucher. Außer den gewöhnlichen Wald- und Heckensträuchern finden sich: der Traubenhollunder, der Kreuzdorn, der Gaisklee (Cytisus nigricans), die Pfrieme (Spartium scoparium), zwischen Hildrizhausen und Herrenberg, der gemeine und kleine Seidelbast (Daphne Mezereum et Cneorum), letzterer im Spitalwald, bei Rohrau und Hildrizhausen; der Färberginster, die Preißelbeere in der Nähe des Eselstrittes, das Immergrün, die kriechende und niedrige Rose (Rosa arvensis, pumila), die graue und Werftweide (Salix cinerea, aurita).

c.) Kräuter. Die bläuliche Binse (Scirpus Tabernaemontani) zwischen Jesingen und Pfäffingen, die Meerbinse (Scirpus maritimus) bei Herrenberg, die sibirische Schwertlilie (Iris sibyrica), ebendaselbst, der purpurblaue Steinsaame (Lithospermum| purpureo-corralinum) bei Mönchberg, das Springkraut (Impatiens noli tangere), das Wald-Pfennigkraut (Lysimachia nemonim), der eiförmige Rapunzel (Phyteuma ovale), das Einblatt (Parnassia palustris), angeblich in Ober-Jettingen, der rundblättrige Sonnenthau (Drosera rotundifolia) in einer Bergschlucht bei Roseck, die Sterndolde (Astrantia major) bei Rohrau, das breitblättrige Laserkraut (Laserpitium latifolium) bei Nufringen, die zweiblättrige Meerzwiebel (Scilla bifolia) bei Breitenholz und Mönchberg, die Trauben-Hyacinthe (Hyacinthus botryoides) bei Kuppingen, die Acker-Vogelmilch (Ornithogalum arvense), die Zaunlilie (Anthericum liliago) bei Mönchberg und im Spitalwald, die quirlblüthige Maiblume (Convallaria verticillata), die Liliensimse (Tofieldia calyculata) bei Mötzingen, das Wintergrün (Pyrola minor, secunda), das rothe Sandkraut (Arenaria rubra) bei Entringen, der Knörpel (Sedum reflexum) am Herrenberger Schloßberg, der platanenblättrige Hahnenfuß (Ranunculus platanifolius) im Herrenberger Spitalwald und bei Hildrizhausen, die Trollblume (Trollius europaeus) auf Waldwiesen, die Akelei (Aquilegia vulgaris), der Gaisbart (Spiraea filipendula) bei Mönchberg, die zerschlitzte Braunelle (Prunella laciniata) beim Eselstritt, der gelbe Fingerhut (Digitalis ambigua), der borstige Eibisch (Althea hirsuta) bei Unter-Jesingen, der weiche Storchschnabel (Geranium molle) bei Hohen-Entringen, der Sumpfstorchschnabel (G. palustre) an Waldrändern, die schopfige Kreuzblume (Polygala comosa) bei Kuppingen, die gelbe Ackerkamille (Anthemis arvensis), die Bergflockenblume (Centaurea montana), der ausdauernde Lattich (Lactuca perennis) bei Mönchberg, die fliegenblüthige Ragwurz (Ophrys myodes) bei Sindlingen, daß weiße und gefleckte Knabenkraut (Orchis bifolia, maculata) im Spitalwald.

d) Von eßbaren Beeren finden sich: Himbeere, Brombeere, Heidelbeere, Erdbeere, Stachelbeere, Steinbeere. Von eßbaren Pilzen: der Champignon, Goldbreitling, Ziegenbart, die Morchel; sämmtliche hauptsächlich im Schönbuch.

e) Von Gift- und Arzneipflanzen finden sich: die Tollkirsche (Atropa belladonna), der gefleckte Schierling (Conium maculatum), das schwarze Bilsenkraut (Hyoscyamus niger), die stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus), der purpurrothe Fingerhut (Digitalis purpurea), in der Nähe des Eseltritts, jedoch selten, die vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia), der schwarze Nachtschatten (Solanum nigrum), das Bittersüß (Solanum dulcamara), der Giftlolch (Lolium temulentum), der Stechapfel (Datura stramonium), das gemeine Lungenkraut (Pulmonaria officinalis),| die Haselwurz (Asarum europaeum), der Kalmus (Acorus calamus) bei Hohen-Entringen, der edle Gamander (Teucrium chamaedris) bei Roseck, das Tausendguldenkraut (Erythraea centaurium), das gemeine Eisenkraut (Verbena officinalis), der Wohlverleih (Arnica montana) bei Hildrizhausen, am Kayher Jägerhaus und im Herrenberger Spitalwald, die Osterluzei (Aristolochia clematitis) in den ehem. Weinbergen bei Herrenberg und bei Pfäffingen, die Judenkirsche (Physalis Alkekingi) ebendaselbst, der ächte Ehrenpreis (Veronica officinalis), die Goldwurz (Lilium martagon), die Küchenschelle (Anemone pulsatilla), die Aronswurzel (Arum maculatum), der heilsame Baldrian (Valeriana officinalis), das kriechende Queckengras (Triticum repens), die bittere Kreuzblume (Polygala amara), der Sauerklee (Oxalis acetosella), die heilsame Betonie (Betonica officinalis), die Wollblume (Verbascum thapsus), die Ackerkamille (Matricaria Chamomilla), der Attich (Sambucus ebulus), das gem. Johanniskraut (Hypericum perforatum), der Erdrauch (Fumaria officinalis), die Eberwurz (Carlina acaulis), die zweihäusige Zaunrübe (Bryonia dioica) bei Reusten u. s. w., das männliche Farrenkraut (Aspidium filix mas.), der Bärlapp (Lycopodium clavatum).


B. Thierreich.


Die Fauna ist im Allgemeinen die gewöhnliche des württembergischen Unterlandes.

Von den Säugethieren des Waldes ist das wilde Schwein, wie das Edel- und Damwild in neuester Zeit vollends gänzlich abgegangen; sogar das Reh gehört zu den Seltenheiten.

Außer dem Hasen zeigt sich noch: der Fuchs, der Dachs, die wilde Katze, der Edel- und Steinmarder, der Iltis, das große und kleine Wiesel, das Eichhorn, der Igel und der Fischotter, letzterer zuweilen in der Ammer und in dem Goldersbach.

Von den Vögeln kommen außer den ganz gewöhnlichen vor:

1) Raubvögel: der Milan (Falco milvus), der Hühnerhabicht (F. palumbarius), der Sperber (F. nisus), der Baumfalke (F. subbuteo), der Wespenfalke (F. apivorus), der rauhfüßige Bussard (F. lagopus); außer diesen kommen noch auf der Durchreise vor: der Wanderfalke (F. peregrinus), die Kornweihe (F. pygargus), die Wiesenweihe (F. cineraceus) und der Zwergfalke (F. aesalon). Von den Eulen nisten im Bezirk: die mittlere Ohreule (Strix otus), der Nachtkauz (St. aluco), der kleine Kauz (St. passarina), der Schleierkauz (St. flammea); zuweilen stellen sich auch der Uhu (St. bubo) und die kurzohrige Ohreule (St. brachyotos) ein. Von den| Krähen, unter denen die Dohlen gänzlich fehlen, erscheint zuweilen die Mandelkrähe (Coracias garrulus) und der Tannenhäher (Corvus caryocatactes).

2) Singvögel: der Kreuzschnabel (Loxia pityopsittacus), der Kernbeißer (L. coccothraustes), der Gimpel (L. pyrrhula), der Krammetsvogel (Turdus pilaris), die Singdrossel (T. musicus), die Rothdrossel (T. iliacus), die Ringdrossel (T. torquatus), und auf dem Winterstrich die Misteldrossel (T. viscivorus), die Goldamsel (Oriolus galbula), der weißhalsige Fliegenfänger (Muscicapa albicollis), der schwarzköpfige Fliegenfänger (M. atricapilla), der Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus). An Bächen sieht man zuweilen den schönen Eisvogel (Alcedo ispida), und in sehr kalten Wintern hat sich schon der Seidenschwanz (Ampelis garrulus) eingestellt; die Lerche und der Staar sind sehr häufig.

3) Klettervögel: der Kukuk (Cuculus canorus), der Baumläufer (Certhia familiaris), die gewöhnlichen Spechtarten und außer diesen zieht sich, von dem Schwarzwald herkommend, in den westlichen Theil des Bezirks der Schwarzspecht (Picus maritus), der immer seltener werdende Wiedehopf (Upupa epops) u. s. w.

4) Hühnerartige Vögel: das Feldhuhn (Perdix cinerea), die Wachtel (P. coturnix), das Haselhuhn (Tetrao bonasia) zuweilen in dem Herrenberger Spitalwald, die Hohltaube (Columba oenas), die Ringeltaube (C. palumbus), die Turteltaube (C. turtur), als Seltenheit der aus ehemaligen Fasanerien zurückgebliebene Fasan (Phasianus colchius).

5) Sumpfvögel: der Wachtelkönig (Crex pratensis), die Wasserralle (Rallus aquaticus), der Kiebitz (Tringa vanellus), die Waldschnepfe (Scolopax rusticola), der Fischreiher (Ardea cinerea) und der Storch, welcher jedes Frühjahr häufig erscheint.

6) Wasservögel: die Stockente (Anas boschas), die Krickente (A. crecca), als Seltenheit die Löffelente (A. clypeata), auf dem Strich die wilde Gans (Anser cinereus).

Von Reptilen finden sich: die Ringelnatter (Coluber natrix), die Blindschleiche (Anguis fragilis), alle gewöhnlich vorkommenden Frösche und Kröten, die gewöhnliche Eidechse (Lacerta stirpium), der gefleckte Salamander, Erdmolch (Salamandra maculosa) und der Wassermolch (Triton cristatus).

Von Fischen: der Weißfisch (Cyprinus nasus), der Schuppfisch (C. cephalus), der Grundling (C. Gobio), der Groppfisch (Cottus Gobio).

Von den Mollusken oder Weichthieren kommen die gewöhnlichen, allgemein verbreiteten vor.

| Von Crustaceen fehlen die Stein- und Edelkrebse nicht.

Die Insekten sind so zahlreich vertreten, daß ihre Aufzählung zu weit führen würde; wir nennen daher nur die Waldzecke (Ixodes Ricinus), die Brillenwanze (Eurydema ornatum), den Binsenblattsauger (Livia juncorum), den Schaumwurm (Cercopis spumaria), verschiedene Blattläuse, den braunen Hornschröter (Lucanus Cervus), den schwarzen Lederkäfer, (Procrustes coriaceus), den Bockkäfer (Cerambyx Heros), den veilchenblauen Laufkäfer (Carabus violaceus), die Goldkäfer (Cetonia aurata et fastuosa), den Todtengräber (Necrophorus Vespillo), den Erdfloh (Haltica oleracea), den Erbsenkäfer (Bruchus pisi), den Apfelrüsselkäfer (Anthomus pomorum), den Holzbock (Rhagium inquisitor) u. s. w. Im Allgemeinen trifft man beinahe alle in Deutschland vorkommenden Forstinsekten, die jedoch nie bedeutenden Schaden in den Waldungen anrichten; sogar der Borkenkäfer (Bostrichus typographus) hat bis jetzt nie erheblich geschadet.



  1. v. Memminger Beschreibung von Württemberg. 1841. S. 834, zusammengestellt von Kohler.
  2. Württ. Jahrbücher Jahrg. 1833, 2tes Heft S. 320–323, zusammengestellt von Schübler.
  3. S. hierüber die betreffenden Ortsbeschreibungen.
  4. Ein gypsführender Brunnen zu Mönchberg soll etwas Salztheile enthalten, und das Wasser der laufenden Brunnen in Pfäffingen macht die in demselben gekochten Speisen bitter.
  5. S. hierüber die Ortsbeschreibungen.
  6. Theilweise nach Mittheilungen des Herrn Oberamtsarztes Dr. Welsch.
  7. Ein Gypsbruch bei Rohrau zeigt folgende Schichtung. 1. Humus 2′ 5″ mächtig, 2. rother Mergel mit stockförmig eingelagertem Gyps 12′ m., 3. Gyps 1′ 5″ m., 4. rother Mergel 2′ m., 5. Gyps 5″ m., 6. rother Mergel 3′ m., 7. grauer Gyps 2′ 5″ m., 8. rother Mergel 5″ m., 9. grauer Gyps 2′ 5″ m., 10. weißer vorzüglicher Gyps 2′ m., 11. weißer sehr harter Gyps 2′ 5″ m., und endlich 12. rother Mergel.


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