Ode (Lausizische Monatsschrift 1795)
[1]
Entweiche nun, du Jar, das einst so stolz und muthig
Aus Janus offnem Tempel kam;
Dann über Schlachtgefild’ und Aschenhauffen, blutig
Den Weg zum Abgrunde nahm!
Sein Lorber grünt’ in deiner Hand:
Schnell ward er schreklich uns zur Fakel, und dein Wagen
Von Mavors[WS 2] Pferden bespannt.
Auf ihm schwingt deine Faust in voller Flammenhelle
Es fällt ihr Funkenschwarm in seine Silberwelle,
Samt Ströhmen Blutes hinein.
[2] Verwittibt fleucht das Weib, es fliehn verwaiste Kinder,
Flucht ihre Hoffnung, Flucht ihr Glük:
Weicht einen Fußbreit zurük.
Gleichwie das Thal erbebt, wenn nun mit Ungewittern
Der Sturm von dem Gebirge fällt,
Wo er den Wald zerbrach; so staunen, oder zittern
So sinke nur, mit der betrognen Hofnung Bürde,
Von unsern Seufzern schwer, hinab,
O Jar, daß deine Hand uns Friede bringen würde,
Und dieß Verderben uns gab! – –
Ha! welch ein sanfter Morgenglanz
Bricht durch das Wolkenheer, vergoldet schon den Himmel,
Und füllt den Erdboden ganz! – –
Seht, dort beginnet aus des Osts bestralten Thore
Ihm geht, wie dem Gestirn des vollen Tags Aurora,
Die Friedenshofnung voran;
[3] Die leisen Morgenlüftgen säuseln Friede! Friede!
Und tausend Wünsche hallens nach:
Was uns dein Aufgang versprach!“
Lösch aus die Flamme, die das Innre samt den Eken
Europas zu verschlingen droht!
Entwafne du den Krieg, und den, von allen Schreken,
Daß Allamannia und Gallia, die Hände
Versöhnt sich reichen, Speer und Schwerd
Zu Pflug und Sichel werd’, und, gleich der Sonnenwende,
Zurük das Friedensglük kehrt!
Ein stolzes Fest für dich begehn!
Dann soll der Belgier, Iberer, Britten Garden
Gesang den Jubel erhöhn!
Dann opfern wir, den Zweig von unsern Silberhaaren,
O du wohlthätigstes von diesen hundert Jaren,
Im nächsten Frühlinge dir!
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Phoebos, Beiname des Apollo: römischer Gott des Lichts, der Heilung, des Frühlings; siehe Phoibos
- ↑ Mavors, Beiname des Mars: römischer Gott des Krieges, dem der Monat März geweiht war; siehe Mars und Mars - Zeno.org