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Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38)

das Concil von Seleucia beauftragte, von der Priesterweihe als von einer „heiligen Handauflegung, welche die Menschen von uns empfangen,“ spricht.

Weitere Nachrichten über Aphraates fehlen gänzlich, da sein Andenken und seine Schriften schon frühzeitig einer fast vollständigen Vergessenheit anheimfielen. Zwar muß ihn Isaak von Antiochien noch gekannt haben, da er, wie wir später zeigen werden, seine Abhandlung über das Fasten stark benutzt; aber schon der Araberbischof Georg gesteht im Jahre 714, daß ihm nicht das Geringste über die Lebensverhältnisse des „persischen Weisen“ bekannt sei.[1] Diese Nichtbeachtung mag ihren Hauptgrund in gewissen sonderbaren und irrigen Meinungen haben, welche sich mitunter bei unserem Autor finden. Wenigstens antwortet Georg seinem Fragesteller Josue in Betreff der seltsamen Meinung des Aphraates über den Zustand der Seele zwischen Tod und Auferstehung folgendermaßen: „Deine brüderliche Weisheit darf diesen persischen Schriftsteller ja nicht etwa zu den bewährten Autoren, deren Werke maßgebend sind, rechnen und hinzuzählen, so daß du dich nun für verpflichtet hieltest, deine Gedanken anzustrengen und dir den Geist darüber zu zerarbeiten, um von allen in seinen Abhandlungen vorkommenden Äußerungen die richtige Erklärung zu erfassen und die Tragweite einzusehen. Denn wenn er auch, wie bemerkt, ein scharfsinniger und in den heiligen Schriften bewanderter Mann war, so gehört er doch keineswegs zu jenen mustergiltigen Lehrern, deren Lehre man als unbedingt zuverlässig liest. Auch hatte man zu seiner Zeit und in seinem Lande keine Gelegenheit, Studien zu machen und seine Gedanken und Worte nach denen jener großen Lehrer zu bilden. Deßhalb findet auch der, welcher das, was er liest, wie geschrieben steht, einsieht und versteht, viele Fehler und kraß unverständige


  1. Der betreffende Brief Georg’s ist vollständig abgedruckt in Lagarde’s Analecta syriaca, S. 108, der auf Aphraates bezügliche Theil auch bei Wright.