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Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38)

Schulen der syrischen Sprache zum Besten der benachbarten Gegenden errichtet worden.[1] Denn die Fürsten und andere Reiche pflegen ihre Kinder zum Unterricht dorthin zu schicken. Nachdem nun Rabbulus die hierarchische Obergewalt erhalten hatte, bemühte er sich unter Mitwirkung des heiligen Geistes, Alle im wahren und beständigen Glauben zu vereinigen und die Wirksamkeit seines Meisters eifrig nachzuahmen. Auf ihn kann man in der That jenes Wort[2] anwenden: „Es genügt dem Jünger, daß er sei wie sein Meister.“ Ich will aber noch eine andere Wohlthat dieses Seligen erwähnen, da sie die Leser erbauen wird. Er war ein Vater der Wittwen und Waisen. Die Söhne auswärtiger heidnischer Eltern ließ er monatlich zweimal aus der Schule zu sich kommen und lehrte sie das Wort der Wahrheit. Nachdem sie dann das Siegel des heiligen Geistes[3] empfangen hatten und so des größten aller Vortheile theilhaftig geworden waren, kehrten sie in ihre Heimath zurück und prägten ihre im Verlaufe der Zeit erworbenen guten Sitten später auch ihren Kindern bis auf diese Zeit ein. So erstrahlte die Gnade Christi auch in jenen Gegenden. Dieses aber that er nicht nur zwei oder drei, sondern ganze dreissig Jahre


  1. Die Stadt Edessa war seit uralten Zeiten durch ihre theologischen Schulen berühmt; schon Makarius, der Lehrer des Märtyrers Lucian, soll daselbst die heilige Schrift erklärt haben. Auch in der alten Biographie Ephräm’s wird eine zu Edessa bestehende Schule erwähnt (vgl. meinen Conspectus rei Syrorum literarae, S. 27). In den Akten des Latrocinium Ephesinum (bei Hoffmann, S. 12) werden syrische, armenische und persische Schulen daselbst unterschieden; letztere erlangte bekanntlich eine traurige Berühmtheit als Pflanzstätte des Nestorianismus für Persien. Diese Schulen waren allerdings zunächst theologische Lehranstalten; sie hatten aber, wie aus unserer Stelle hervorgeht, auch Vorbereitungsklassen, in welchen Elementarunterricht und allgemein wissenschaftliche Bildung auch für Nichtkleriker, ja sogar für Nichtchristen (die man aber zu bekehren suchte) ertheilt wurde.
  2. Matth. 10, 25.
  3. Die Taufe und Firmung.
Empfohlene Zitierweise:
Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38). Jos. Koesel’sche Buchhandlung, Kempten 1874, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BKV_Erste_Ausgabe_Band_38_224.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)