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Und dort beschwört den See der Held:
„Besitzen will ich ihre Welt!
Sey mein, du frohes Reich der Wellen!

70
Ihr sollt euch meiner Liebe stellen,

Versäumt die Unterthanenpflicht,
Ihr hellen Geister, drunten nicht!“

Er schickt sich rasch zur Reise an,
Und furcht der Wogen klaren Plan,

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Da summt und quillt es aus den Tiefen,

Als ob ihn Geisterstimmen riefen.
Er bannt sie mächtig aus der Gruft,
Denn droben ist, die ihn beruft.

Die Geister heben ihn empor;

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Er tritt, den Blick voll Liebe, vor.

Er schreitet auf den Blumenwegen
Der Herrin durch das Thor entgegen.
Sie reicht ihm des Willkommens Trank
Und küßt vom Mund der Liebe Dank.

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Sie blüh’n, ein friedlich Fürstenhaus,

Das dehnt sein Reich in Liebe aus. –
Die Wassergeister mit den Grotten,
Die Burgen und die Heldenflotten,
Die Insel, ihres Namens Klang, –

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Verschwanden längst im Zeiten Drang.
Georg Rapp.

1) Als die Bewerber um die Hand der lieblichen allemanischen Prinzessin, als welche hier der Bodensee mit seinen umliegenden Gauen allegorisch dargestellt wird, denkt sich der Dichter wahrscheinlich unter dem welschen Grafen die Römer, unter dem Alpensohne die Helvetier, und unter dem Frankenhelden das Haus der jetzigen Herrscher.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_007.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)