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Die Hand an Christi Nase.

„Anno Christi 1384 giengen etliche arme Knaben aus der Constanzer Vorstadt Stadelhofen in den eine Stunde davon entfernten Bernrainischen Wald, um Abfallholz zu lesen, und als sie nun mit den gesammelten Reisigbündeln bei dem auf der Bernrainer Höhe stehenden Christuskreuz ausruhen wollten, griff der Muthwilligste unter ihnen, Namens Schappeler, dem Bilde unsers Heilands unter die Nase und sprach mit spöttischen Gebärden: „Herr Gott, laß dir die Nase schneutzen, so küß ich dich desto lieber!“ worauf ihm augenblicklich die Hand erstarrte und also fest an der Nase des Christusbildes angeheftet blieb, daß er unbeweglich mit aufgestrecktem Arme allda stehen mußte. Voll Entsetzen eilten die anderen Kinder in die Stadt zurück und erzählten es den Leuten; worauf sogleich eine große Anzahl geistlicher und weltlicher Personen sich in Prozession an jenen Ort verfügte und Gott den Allmächtigen um Gnade und Barmherzigkeit anrief, bis die Hand des Knaben sich wieder von der Nase des Bildes ablöste. Trotz dieser fürchterlichen Warnung aber blieb der Junge so gottlos und leichtfertig wie vor, namentlich war ihm das Fluchen und Lästern so zur zweiten Natur geworden, daß ihm zwei Jahre später, durch Urtheil des Stadt-Magistrats, die Zunge aus dem Hals geschnitten wurde. Das wunderbare Christusbild aber ist noch heutigen Tags (1733) in der zum Andenken dieser Begebenheit, auf städtische Kosten, auf dem Bernrainer Hügel erbauten Kirche zu sehen und wird von zahlreichen Kranken und Nothleidenden, an denen es fortwährend Wunder thut, besucht und verehrt.“

Dr. Speth.


Eine Wundergeschichte von vier Gerbern.

Anno Domini 1290 an unser Frauen Tag zur Abendzeit, da waren vier Ledergerber von Stadelhofen außerhalb der Stadt Constanz Ringmauern; die waren also trunken in der Stadt worden, daß sie alle vier in den Galgenbrunnen fielen, der da vor St. Pauls Kirchen stund, keine Einfassung hatte und über 25 Schuh tief war. Der eine hieß Jakob Langwiler, der andre war sein Sohn, der dritte sein Tochtermann und der vierte sein

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_021.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)