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Es geht die Sage, die Fische hätten allmählig den lockeren Grund jener Erdzunge unterhöhlt und so deren Einsturz vorbereitet, den ein Erdbeben vollends ausgeführt.

Noch zeigen die Bewohner der Umgegend die Stelle, wo die Fischerhütte gestanden und erzählen ihre traurige Geschichte.

A. Sch.


Des Fischers Haus.[1]

Sein buntes Haus hat der Fischer gebaut,
Es steht dicht an den Wellen;
In der blauen Fluth es sich beschaut,
Als spräch es: wer kann mich fällen?

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Die Mauern, die sind so dicht;

Voll Korn und Wein sind die Räume;
Es zittert das Sonnenlicht
Herunter durch Blüthenbäume.

Und Reben winken herein

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Von grünen, schirmenden Hügeln,

Die lassen den Nord nicht ein,
Die umhaucht nur der West mit den Flügeln.

Und am Ufer der Fischer steht,
Es spielt sein Netz in den Wellen;

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Umsonst ihr euch wendet und dreht,

Ihr Karpfen, ihr zarten Forellen!

Sein frevelnder Arm euch zieht
Im engen Garn an’s Gestade;
Kein armes Fischlein entflieht,

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Das kleinste nicht findet Gnade.


Auch hebet kein Wasserweib,
Euch zu retten, ihr Stillen, ihr Guten,
Aus den Tiefen empor den Leib,
Und lockt ihn hinab in die Fluthen.

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„Ich bin der Herrscher im See,

Ein König im Reiche der Wogen!“


  1. [45] Im Jahr 1692 versank zu Gottlieben bei einem starken Winde und einer Erderschütterung, innerhalb drei Stunden, das Ufer mit vier Häuser in den Untersee. Man glaubte, daß es von Karpfen und Forellen unterfressen worden sey.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_043.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)