Seite:Badisches Sagenbuch 063.jpg

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dort Wohnungen bauen und einrichten. Die genesene Prinzessin Frideburg aber zog, statt der Hochzeitkleider, ein Nonnengewand an, und in solcher Gestalt fand ihr königlicher Bräutigam, Sigebert, sie an dem Altar, wo sie mit ihm getraut werden sollte und dessen Hörner sie, wie eine Schutzflehende, gefaßt hielt. „Ich trete dich deinem himmlischen Bräutigam ab!“ – sprach der fromme König, ergriff ihre Rechte und legte sie auf den Altar. Dann verließ er die Schwelle des Tempels; „aber“ – fügt der Erzähler hinzu – „Thränen verriethen das Leiden seiner verborgenen, entsagenden Liebe.“

(Siehe Gust. Schwabs: „Der Bodensee nebst dem Rheinthale etc.“)


Die Heidenhöhlen bei Ueberlingen.

Zwischen den Dörfern Goldbach und Sipplingen am unteren Bodensee, unweit Ueberlingen, zieht sich dicht am Ufer des Sees in bedeutender Höhe und Länge eine mächtige Felswand hin. An dieser Wand bemerkt man viele Oeffnungen von allerlei Größe und Gestalt. Es sind dies die Eingänge und Lichtöffnungen der sogenannten Heidenhöhlen oder Heidenlöcher; vor etlichen vierzig Jahren führten steinerne Treppen noch zu den Eingängen, jetzt aber sind sie ganz verwittert, und nur mit Mühe und nicht ohne Gefahr kann man vermittelst Leitern in diese wundersamen Gemächern gelangen. Erstaunen und Bewunderung muß aber Jeden ergreifen, der dieses seltsame Riesenwerk betritt. Tief in dem Innern der Felswand finden sich hier eine Menge Gemächer und Kammern. Es ist ein Werk, das außerordentliche Mühe und einen großen Zeitaufwand gekostet haben muß. Die Gemächer sind beinahe alle gewölbt und mit Pfeilern versehen, die Fensteröffnungen großentheils regelmäßig angebracht und selbst nicht ohne Zierlichkeit, nur etwas niedrig, denn die höchsten messen nicht über acht Fuß. An den Wänden sind in vielen Kammern Sitzbänke, Nischen und allerlei Vertiefungen angebracht, jedoch nicht in allen, und überhaupt läßt es sich nicht verkennen, daß alle die Gewölbe und Kammern nicht zu einem und demselben Zweck erbaut worden seyen. Unwillkürlich befällt Einen beim Eintreten in diese Felsenbehausung

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_063.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)