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Hegau.
Hohentwiel.
Sängergruß an Hohentwiel.[1]

Seyd gegrüßt in eurer Schöne,
Trümmer aus der Heldenzeit!
Euch sind dieses Liedes Töne
Vollen Herzens zugeweiht.

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Bilder aus vergangnen Tagen

Voll der alten Herrlichkeit,
Steigt empor und stillt die Klagen
Die der Trümmer Blick erneut.

Steig, o Bild, aus jenen Tagen,

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Als ein mächtig Brüderpaar

Seinen Sitz hier aufgeschlagen,
Das der Stolz des Landes war.[2]
Da hat noch die Kraft gegolten,
Da stritt noch des Mannes Muth,

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Und in Heldenadern rollten

Deutsche Kraft und deutsches Blut.

Steig herauf aus frühen Tagen,
Bild von einer frommen Zeit,
Als auf dir, o Fels, geschlagen

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Manches Herz, dem Herrn geweiht.

Wo sonst Kriegertritte hallten,
Tönte hell des Glöckleins Klang,


  1. [93] Ich glaubte diese berühmte Veste, obgleich sie seit lange schon zum Würtembergischen Gebiete gehört, von dem Badischen Sagenbuch nicht ausschließen zu dürfen, theils weil sie noch innerhalb Badens Grenzen liegt, theils weil ihre frühern Besitzer Badische Fürsten waren.
    Beinahe in der Mitte des an so viel Wundern der Natur reichen Hegau’s, wo acht kegelförmige Berge vulkanischen Ursprungs aus dem Bodensatz uralter Fluthmassen emporsteigen, erhebt sich der höchste dieser Felsstöcke, von drei Seiten steil und schroff wie keiner der andern, aber rings umgeben von lachenden, mit allen Erzeugnissen eines milden und fruchtbaren Klima’s gesegneten Fluren; dicht zu seinen Füßen die freundlichen Marktflecken Singen, Hilzingen, etc. weiter hinaus eine Menge von Dörfern, Schlössern und Ruinen, und der südliche Horizont besäumt vom glänzenden schwäbischen Meeresspiegel, über den hoch in den Aether die blitzenden Alpenkronen in unabsehlicher Ferne sich reihen. Seine Höhe beträgt 2174 Pariser Fuß über dem Meeresspiegel, und trägt die Krone aller übrigen Hegauer Burgruinen, das einst fast unüberwindliche Hohentwiel. Ihr Ursprung ist schon in den Römerzeiten zu suchen, wofür der Name Duellum oder Duellium spricht, den sie bereits in den frühesten Urkunden führt. Wahrscheinlich wurde dieses Kastell als Hochwarte unter Kaiser Valentinian erbaut.
  2. [93] Die beiden schwäbischen Kammerboten Bertholt und Erchinger, durch ihren Kampf mit dem Bischof Salomo von Constanz, mit dem deutschen König Konrad und ihr tragisches Ende, aus der Geschichte bekannt genug.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_090.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)