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St. Blasiens Reichthum.

Zu einem Manne, welcher im Kloster St. Blasien Stroh schnitt, kam eines Abends der Fürstabt mit den zwei Vornehmsten seiner Mönche. Beim Anblick des vielen geschnittenen Strohs sprach der Abt: „So viel Stroh dies auch ist, so besitzen wir doch noch mehr Gold und Silber.“ Der Mann erlaubte sich, dies zu bezweifeln, worauf die Drei sagten, sie wollten ihm die Schätze zeigen, seine Augen verbanden und ihn, wie er merkte, durch einen unterirdischen Gang führten, über den ein rauschendes Wasser dahinschoß. Als ihm die Binde abgenommen wurde, sah er sich in einem Gewölbe, welches unter dem dreifachen Verschlusse seiner Begleiter stand, und worin Gold und Silber, gemünzt und in Stangen, klafterweis aufgehäuft war. Die Geistlichen vergönnten ihm, sich so viel Silber zu nehmen, als er in beide Hände fassen konnte, verbanden ihm dann wieder die Augen und führten ihn zum Klosterhofe zurück.


St. Blasien hatte so viele Besitzungen, daß seine Mönche, wenn sie nach Rom reisten, jede Nacht in ihrem Eigenthum einkehren konnten.

(Siehe Mone’s Anzeiger etc. J. 1839.)


Die dankbare Schlange.

Zu einem Viehhirten in Immeneich bei St. Blasien kam jeden Morgen und Abend zur Melkzeit eine große Schlange in den Stall, welche auf dem Kopf eine goldene Krone trug. Das Mädchen gab ihr allemal warme Kuhmilch zu saufen. Als dasselbe, wegen eines Verdrusses, plötzlich aus dem Dienste gekommen war, und die neue Viehmagd das erste Mal melken wollte, fand sie auf dem Melkstuhl die goldene Krone liegen, worin die Worte eingegraben standen: „Aus Dankbarkeit.“ Sie brachte die Krone ihrer Herrschaft, welche dieselbe dem aus dem Dienste getretenen Mädchen gab, für das sie auch bestimmt

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_134.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)