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Und de hesch mi Sege nit, und schuldig bisch du dra.“ –
„Muetter,“ erwiedert der Simme, „soll Euer Sege verscherzt sy,

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Stand i vom Eveli ab, und gehri vom Vater ke Pflichttheil.

Z’Stette[1] sitzt e Werber, und wo men uffeme Berg stoht,
Lütet d’Türkeglocke an allen Enden und Orte.
Bluet um Bluet, und Chopf um Chopf, und Leben um Lebe.
Färbt mi Bluet e Türkesäbel, schuldig sin Ihr dra!“

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Wo das d’Muetter hört, se sitzt sie nieder vor Schrecke:

„Du vermessene Chind, se nimm sie, wenn de sie ha witt!
Aber chumm mer nit go chlage, wenn’s der nit guet goht.“ –
’s isch nit nöthig gsi. Sie hen wie d’Engel im Himmel
Mit enander g’lebt, und am verborgene Sege

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Vo der Gotte hets nit gfehlt im hüsliche Wese.

He, sie hen jo z’lezt vo’s Meiers grasige Matte
Selber die schönsti g’meiht, ’s isch Alles endli an Stab cho,
Und hen Freud erlebt an frumme Chinden und Enkle. –
Thüent jez d’Räder weg, und Jergli, der Haspel ufs Chästli!

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’s isch afange dunkel und Zit an anderi G’schäfte.


Und so hen se ’s gmacht, und wo sie d’Räder uf d’Site
Stellen, und wen go, und schüttle d’Agle vom Fürtuech,
Seit no’s Vreneli: „So ne Gotte möchti wohl au ha,
Wo eim so ne Rad chönnt helfen und so ne Rösli.“

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Aber d’Muetter erwiedert: „‚’s chunnt uf kei Gotten, o Vreni,

’s chunnt uf ’s Rädli nit a. Der Fliß bringt heimlige Sege,
Wenn de schaffe magsch. Und hesch nit ’s Blüemli im Buese,
Wenn de züchtig lebsch und rein an Sinnen und Werke?
Gang jez und hol Wasser und glitsch mer nit usen am Brunne!‘“

J. Peter Hebel.


Die Häfnet-Jungfrau.

Vetter, wo simmer doch echterst? Bald glaubi, mer seige verirret.
’s schlacht kei Uhr, me hört ke Guhl; es lütet ke Glocke;


  1. Pfarrdorf Stetten, eine halbe Stunde von Lörrach.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_203.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)