Seite:Badisches Sagenbuch 345.jpg

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Jäger – seinem künftigen Vater – bewohnt, die ihn mit Liebkosungen überschütteten. – Der anbrechende Tag weckte und ermahnte ihn, nicht länger zu zögern. Das bisher nie versäumte Morgengebet vergessend, flog er rasch vom Lager empor und der Schutzengel des verblendeten Knaben wendete sich betrübt von ihm ab. Was aber wundersam ist: die Pferde und Stiere, die sonst auf jeden seiner Winke so willig waren, wollten ihm jetzt durchaus nicht gehorchen und er brachte sie nur mit vieler Mühe in das Joch und aus dem Stalle, während noch Alles auf dem Hofe in tiefem Schlummer lag. Doch kam er noch zu rechter Zeit, ganz wie der Jäger es gewünscht hatte, an den bewußten Felsen und der Böse lachte schon im Stillen, daß ihm die Beute so ganz nach Willen in’s Netz gehe.

Kaum stand der unbesonnene Knabe mit seinem Viergespann vor dem Felsen, so streckte auch schon der Jäger aus dem Gebüsche den Kopf hervor. Aber unglücklicher-, oder vielmehr, glücklicherweise war ihm diesmal der Hut in den Zweigen stecken geblieben und die zwei Hörnchen auf seiner Stirne, welche der Böse nie ganz zurücktreten machen kann, blieben dem Knaben nicht unbemerkt; doch entschuldigte sich der Jäger damit, er habe vor einigen Augenblicken den Kopf gewaltig an einen Felsen angestoßen und dadurch die großen Beulen bekommen. Hierauf trieb er den Knaben an, seinen Zug an den eisernen Ring anzuspannen, welchen er bereits in die Felsenwand getrieben hatte. Allein dem Knaben war noch von dem Schrecken über die zwei Hörnchen her nicht mehr ganz wohl zu Muthe, auch glaubte er in dem Gesichte seines künftigen Pflegevaters auf einmal etwas ungemein Wildes und Tückisches wahrzunehmen. Indessen, wer einmal A gesagt hat, muß auch B sagen und so spannte denn der Junge mit schwerem Herzen sein Vieh an den Ring, schwang seine Geißel und rief nach alter Gewohnheit: „Voran denn in Gottes Namen!“ Kaum waren diese Worte aus seinem Munde, als sich plötzlich der Himmel verdunkelte, der Donner rollte, die Blitze vor den Thieren niederschlugen, die Erde zitterte und im Innern des Berges ein Rauschen und Toben sich erhub, als ob der Sturm ein ganzes Meer aufwühlte und dieses durch eine schmale Schlucht hervorbrechen möchte. Und was noch das Aergste war: im Nu verschwand

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_345.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)