Seite:Badisches Sagenbuch 348.jpg

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diese Herrlichkeit ein plötzliches und grausenvolles Ende nehmen! — Es war an einem schönen Maisonntage, der blaue Himmel, die lauen süßen Lüfte hatten Alles, Jung und Alt, in’s Freie gelockt; von Nah’ und Ferne waren Gäste herbeigeströmt zu Spiel und Tanz und die Berge ringsum hallten den Jubel hundertfältig zurück. Da traf es sich, daß der Priester das Allerheiligste zu einem sterbenden Kranken des Weges vorübertrug und sein Meßner ging ihm, nach altem Brauch mit einem Glöcklein läutend, voran. Als nun Letzterer die Leute wiederholt und dringend aufforderte, nur auf so lange, bis der Kranke die heilige Wegzehrung erhalten habe, Trinken und Tanzen einzustellen, ward er verhöhnt, ja das Edelfräulein ließ sich vom Fenster ihres Schloßes gottloserweise vernehmen: „Ihres Vaters Schweine trugen auch viel solcher Glöcklein am Halse,“ worauf der Priester traurig seinen Weg mit dem Meßner fortsetzte, indessen das Jubeln und Tollen immer ausgelassener wurde.

An eben demselben Tage lag ein alter Bauer oben im Thale krank danieder; nur sein jüngster Sohn war bei ihm geblieben, um seiner zu warten. Auf einmal fällt es dem Alten ein, zu fragen, wie es mit dem Wetter stünde; er schickt deßhalb den Jungen hinaus, um nachzusehen, ob sich der Himmel nicht zu trüben beginne? Der Knabe kommt mit der Nachricht zurück, es sey noch immer das allerschönste Wetter, wie vorhin. Das beruhigte den Vater doch nicht ganz und in kurzer Zeit schickt er den Jungen wieder hinaus, um zu schauen, wies mit dem Wetter stehe. Diesmal kam derselbe mit der Meldung zurück, von allen Seiten sey der Himmel noch ganz rein blau, nur allein über dem Gipfel des Kandels schwebe ein kleines trübes Wölkchen. Da hatte der Alle weder Ruh noch Rast mehr und befahl sogleich dem Sohn, in größter Eile ihn selbst und sodann die besten Sachen ihrer Habe auf die Höhe des Berges zu tragen. Da lud der fromme kräftige Jüngling seinen Vater aus den Rücken und trug ihn den nahen Berg hinauf, alsdann auch nach und nach das beste und unentbehrlichste Hausgeräthe; kaum aber war er mit dieser Arbeit zu Stande gekommen, als mit erschrecklichem Krachen und entsetzlichen Wolkenbrüchen ein Gewitter sich entlud und in wenig Minuten das ganze schöne Thal

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_348.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)