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Alle kamen sie, zu lauschen
Konrads letztem Athemzug;
Konrads, der so hoch einst rauschen

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Ließ des Liedes Adlerflug;

Würzburgs ruhmbekränztem Sohne
Bringen sie den Scheidegruß,
Der ihn zu des Höchsten Throne
Liebend noch begleiten muß.

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Doch der Lebensmüde richtet

Noch einmal das Haupt empor,
Seine Blicke, neugelichtet,
Brechen durch des Todes Flor;
Und er winket, aufzuschließen

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Seiner Zelle Fensterlein,

Daß ihn voller noch umfließen
Mag der Sonne letzter Schein.

Drauß’ im Blau, im wolkenlosen,
Sieht man hehr vom Dome blühn

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Seiner Pyramiden Rosen

In der Purpurstrahlen Glühn;
Und die ehrnen Zungen regen
Sich nun auch zu dem Choral,
Der den heiligen Abendsegen

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Betet über Berg und Thal.


Durstig hangen Konrads Augen
Am verklärten Münsterbild;
Klänge scheint sein Ohr zu saugen
Aus der Engel Luftgefild;

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Seine letzten Kräfte sammeln

Nochmal sich zu neuem Schwung,
Leisen Munds, doch ohne Stammeln
Spricht er mit Begeisterung:

„Brüder, Freunde aus der Runde!

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Seyd voll Dankes mir gegrüßt,

Daß ihr mir die bittre Stunde
Noch durch euren Trost versüßt!

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Karlsruhe: Kreuzbauer und Kasper, 1846, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_371.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)