Seite:Badisches Sagenbuch 412.jpg

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seiner Seele zu bringen versuchte. Aber Kuno blieb standhaft und beschloß endlich, um dieser Lockung und seines Grames los zu werden, die gefahrvolle Reise in das gelobte Land und zum heiligen Grabe. Doch bevor er hinzog, brach er noch seinen Trauring und hinterließ seiner Gattin die eine Hälfte mit dem Bedeuten, daß sie, wenn er im Verlaufe von sieben Jahren nicht wiederkehre, und den Ring aufs Neue vereinige, ihn für todt, und daher ihr Eheband als für immer aufgelöst erachten solle. Durch viele Schlachten wurde bald im gelobten Lande das Schwert des Falkensteiners berühmt, der nun am heiligen Grabe seinem Gebete und seinen Thränen freien Lauf ließ, aber zuletzt auch in die Gewalt des Sultans gerieth und jahrelang in tiefem Kerker schmachtete. Endlich, durch göttliche Fügung befreit, will er nach Hause eilen, verirrt sich aber in ungeheuern Wäldern, aus denen er keinen Ausweg mehr finden kann. Da sinkt er erschöpft nieder und aufs Neue tritt der böse Feind zu ihm, und versichert ihn hohnlachend, daß so eben das siebente Jahr zu Ende laufe und seine Gattin, des mit ihm geschlossenen Ehebandes ledig, morgen ihre Hand einem benachbarten Ritter reichen werde. Jetzt geräth der niedergedrückte Kuno außer Fassung, und gibt dem Vorschlag des Verführers, ihn bis Morgen in die Heimath zu bringen, unter der Bedingung Gehör, daß seine Seele ungefährdet bleibe, wenn es ihm gelänge, auf der ganzen unermeßlichen Reise sich des Schlafes zu enthalten. Sogleich verwandelt sich der Satan in einen Löwen, dessen Rücken der Ritter besteigt und auf dem er nun durch die Lüfte dahin fährt. Tief unter ihnen lassen sie Länder und Meere zurück, aber bald vermag es die durch die ungeheuersten Anstrengungen erschöpfte Kraft des Ritters nicht länger dem, andringenden Schlafe Widerstand zu leisten. Schon wollen die Augenlider sich schließen, und der wackerste Mann soll des bösen Feindes Beute werden; sieh! da fliegt unversehens ein Falke herbei, setzt sich auf das Haupt des Ritters und hält den Schlaftrunkenen mit seinem Schnabel und dem Schwunge seiner Flügel wach. So gelangt er unversehrt und neu gekräftigt in dem Augenblicke in der Nähe seines Schlosses an, als eben der Brautzug aus der Kirche dahin zurückkehrt und sich Kuno ungekannt in denselben mischen kann. Er nimmt Theil an dem

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 412. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_412.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)