Seite:Badisches Sagenbuch 451.jpg

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um die eilfte Stunde im Tag, da war er auf der Bühne des Thurms und rüstete sich mit den Seilen, die daselbsten lagen und da es Nacht war zwischen 10–11 Uhr, da hatt’ er sich ganz gerüstet und ließ sich zu einer Baye oder Laden hinaus herab an einem Seil, bis auf das Dächlein, so vorm Thurm ist, und sprang dann hinab auf die Dillen, so damals daselbsten lagen; er hatte aber vorher große Klötze hinausgeworfen, die er ausgegraben im Thurm; die trug er mit sich gen Sankt Johannes, allwo der eine noch liegt in dem Chor; den andern hat er mit sich gen St. Wolfgang in’s Bayerland getragen. Und do er gen St. Johannes kam, da war es das allergrößte Wunder, das je gehört ward, daß er aus seinem harten Gefängniß sollte kommen seyn und ging Jedermann zu ihm und lobten Gott; aber Keiner kam zu ihm, der aus dem Rath oder ein Rathsfreund war; zudem ward auch der Werkmeister (des Blockhauses) in den Bickenkäfig[1] gelegt und ihrer viel deswegen gefangen. Aber der Werkmeister brach auch aus und kam auch gen St. Johannes, wollt’ er aber gerichtet (seine Sache geschlichtet haben) seyn, so mußte er dem Rath 20 Gulden geben. Und den Thurmhüter fing man auch; es konnt’ aber Niemand erfahren, wer dem Romeyus das Zeug[WS 1] gegeben hatte, damit er hatt’ können ausbrechen. Es legte auch ein ehrsamer Rath einen großen Kosten auf ihn, mit Hut und Wartung, und hatte großen Anschlag, ihn aus der Freiheit (Asyl) zu nehmen. Aber auf St. Urbans Abend, da kam ein so großes Schneegestümes Wetter, daß Jedermann seiner Behausung besorgen mußte. Als aber Romeyus Man solches gewahr wurde, da stieg er aus dem Kirchlein hinaus und kam hinweg und begehrte Rechts; aber man ward mit ihm gerecht (verglich sich mit ihm) um alle Sachen und gab ihm ein ehrsamer Rath all seine Verschreibung hinaus und noch Geld dazu und er durfte wandeln, wohin er wollt. – Er war ein wunderbarlicher Mensch, daß seine Sachen nicht zu beschreiben sind; denn er war ein Kriegsmann von Jugend auf und hat große Sachen gethan und verrichtet seiner Tage.

Und darnach im 1499er Jahr fing der Schweitzerkrieg an, da lag Romeyus Man auf einem Schloß hieß Kissaberg bei Waldshut; damals hielt er sich also mannlich und redlich, daß ihm der König allhier (in Villingen) im Spital in der oberen Stuben eine Pfründe gab. Die war ihm (wie wohl zu glauben) viel lieber als die einstige Pfründe im Diebsthurm, die ihm ein ehrsamer Rath zuvor versprochen. – Es ist und kann nicht Alles von seinem Thun und Lassen beschrieben werden.

Inschrift an der Villinger Stadtmauer vor dem Rotweiler Thore zu dem Freskobilde des Romeias.[2]

Als man zählt 1498 Jahr
Hat hier gelebt, glaubt fürwahr,
Ein Wundermann, Romeyas genannt,


  1. Eine Art Gefängniß auf dem Bickenthor.
  2. Sowohl das Riesenbild als obige Verse, welche der Herausgeber der freundlichen Mittheilung des Herrn Hofpredigers Becker von Donaueschingen zu danken hat, sollen bereits seit einigen Jahren von der Villinger Stadtmauer verschwunden seyn.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Zeng
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 451. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_451.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)