Seite:Badisches Sagenbuch 466.jpg

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Schande mißhandelte der kaum zurückgekehrte Ritter die Tochter und stieß sie aus der Veste. Ihre Leiche wurde am folgenden Morgen vor dem Stabgitter des Mühlgangs gefunden. Bald ergriff aber Reue über seine grausame That das Herz des Vaters und verdüsterte seinen Sinn, der jetzt nur noch darauf gerichtet war, seine Schätze zu vermehren und dieselben in den tiefen Gewölben des Thurmes zu hüten; die Thore der Burg blieben von nun an jedem Besuche verschlossen und nur zur Plage seiner Vasallen stieg noch der Ritter zuweilen aus seinem Felsenhorste hernieder. Nun schwebt in mondhellen Nächten, gleich einer Najade, des unglücklichen Fräuleins weißer Schatten der Donau entlang gegen die Mühle; während eine hohe finstre Gestalt an den jenseitigen Felswänden auf- und absteigt und die Hände ringt. Wagt es aber einmal ein Habsüchtiger, in der Mitternachtstunde zu dem Thurme hinauf zu klimmen, um die Schätze zu suchen, dann naht ihm die schwarze Gestalt und droht ihm mit furchtbar glühenden Blicken; ja, ein Hirte, der keck genug war, einst die Zinne des Thurmes zu erklettern, stürzte sinnesverwirrt hinunter in die Tiefe. Dagegen waltet des Fräuleins sanfter Geist sichtbar schirmend über den Frauen und Töchtern der Mühle; besonders hold ist sie den Liebespärchen von unwandelbarer Treue; oft schon stand sie auch braven Frauen in Geburtsnöthen bei, wenn die Hebamme nicht schnell genug von Lieberdingen oder Krähenheimstetten herüber kommen konnte.

(Vergl. Max von Ring’s: „Malerische Ansichten der Ritterburgen Teutschlands.“ 6. Heft.)


Der Schwede zu Wildenstein.

Nicht weit vom Fürstenbergischen Pfarrdorfe Leiberdingen, (Amt Mößkirch) liegt das Schloß Wildenstein auf einem steilen, etwa 80 Fuß hohen Felsenkegel in der Donau; durch eine Zugbrücke ist das sehr feste Gebäude mit dem Ufer verbunden; auch führte vor Zeiten ein bedeckter Gang von der Festung aus in das Thal hinunter. Seit 1642 gehört das Schloß zur Fürstenbergischen Standesherrschaft und hatte im 17. Jahrhunderte öfters eine Besatzung.

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 466. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_466.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)