Seite:Bauernburgen in Dithmarschen 9.jpg

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der alte Grafensitz in der Burg bei Meldorf zu suchen sein, von der Geschichte allerdings nichts zu melden weiß, deren Andenken aber in den Namen der „Burgstraße“ und des „Burgviertels“ noch fortlebt[1].

Andrerseits ist die obgedachte Tradition keineswegs sehr alt. So reichlich die Erschlagung des Grafen Rudolf durch gleichzeitige Urkunden und Chroniken belegt ist, so ist doch der Presbyter Bremensis (1448) der erste, welcher den Vorfall ausdrücklich nach der Bökelnburg verlegt[2]. Offenbar ist sein Bericht nicht sowohl den älteren Quellen als der lebendigen Volkssage nacherzählt. Diese hatte im Laufe der drei Jahrhunderte dem Grafen Rudolf eine Gräfin Walburg angedichtet, welche mit dem Gemahl zugleich umgekommen und nach der die bei Burg vorüberfließende Walburgsau (Wolbersau, jetzt Burger Au) benannt sei. In Wahrheit ist der Name Walburgsau, der urkundlich schon im Jahr 1139 vorkommt, heidnischen Ursprungs und von einer Walküre Walburg abzuleiten, wie das andere dithmarscher Gränzflüßchen Giselau nach einer zweiten Walküre Gisela den Namen hat[3]. Die Volkssage webte weiter; die Tyrannei und der Tod des Grafen, insbesondere aber die Ueberrumpelung der Burg wurden mit vielen kleine Zügen, die auch

  1. Auf die Carstens’sche Notiz, betr. das Fundament der Meldorfer Burg (bei Bolten Bd. I, S. 442, Note 33) darf man wohl kein Gewicht legen. Peter Böckel’s Karte zeigt eine Häusergruppe „Borch“ eben nordwestlich von Meldorf, an dem Wege nach Barsfleth und Ketelsbüttel. Auch das Meldorfer Stadtsiegel, eine Burg mit fünf Thürmen, vgl. Neocorus Bd. I, S. 665 und die Abbildung auf Bolten’s VI. Tafel, scheint auf die vormalige Burg hinzudeuten.
  2. Chronicon Holtzatiae Kap. 15, S. 31 nebst Lappenberg’s Anmerkungen. Vgl. die Kritik bei Bolten Bd. II, S. 137–46 und Bd. I, S. 371–72, Note 78.
  3. Nordalbingische Studien Bd. I, S. 210. Vgl. den Aufsatz: „Dithmarschenkämpfe im Heidenthum“ (mit einer Karte) von W. Mannhardt in dessen Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde Bd. III, S. 70–83.
Empfohlene Zitierweise:
Gottfried Heinrich Handelmann: Zwei Bauernburgen in Dithmarschen. In: Zeitschrift der Gesellschaft für die Geschichte der Herzogthümer Schleswig, Holsteinische und Lauenburg. Band XXV, Vierte Folge, Seite 3 - 16, Commissions-Verlag der Universitätsbuchhandlung, Kiel 1873, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bauernburgen_in_Dithmarschen_9.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)