Seite:Berens Geschichte der Berens in Riga 1812 042.png

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hatte er höchst traurige Zeiten überstanden; die Pest hatte in der Gegend gewüthet; er übernahm über 50 Dörfer und einige Flecken das strengste Quarantaine-Commando, und hatte das Glück, daß durch seine äußerste Vorsicht und seine guten Anstalten auf diesen eigenen Werken nicht ein Mensch weggerafft wurde. Aber leider war durch Kriegs-Strapazen, öftere weite und geschwinde Reisen, wie auch durch seine jetzigen zu harten Anstrengungen, zum Besten seiner Fabriken, seine Brust sehr geschwächt, und verursachte ihm schon einen Blutauswurf, in welchem ich ihn antraf. Fast ein ganzes Jahr blieb ich bei ihm auf diesem äußerst schönen Landsitz, unterstützte ihn zuerst als junger Arzt, und dann auch in allen seinen übrigen Geschäften und Anlagen zum Besten seiner Fabriken; erlernte dabei die russische Sprache, und machte mich besonders bei allen Einwohnern dieses schon ansehnlichen Fleckens, durch medizinischen Rath und Hülfe sehr beliebt, ja berühmt, durch wichtige, glückliche Kuren. Von weitem wurden Kranke und Nothleidende herbeigeführt, und mehrentheils mit möglichster Befriedigung wieder entlassen. Meiner Schwägerin, die ihre vier ersten Kinder, mehrentheils Knaben, äußerst schmerzhaft verloren, rieth ich die natürliche Selbststillung an, welche sie bei den ersten Kindern versäumt hatte; und nachdem sie das erstemal, noch bei meinem Dortseyn, die größten Beschwerden und Schmerzen mit aller Standhaftigkeit überwunden, wurde sie mit den höchsten Mutterfreuden, für diese treue Beobachtung ihrer durch die Natur geheiligten Pflichten, gesegnet, in ihren nachherigen und noch lebenden, wohlgerathenen Kindern. Möchte doch eine jede wahre Mutter diese höchste Beglückung durch ächte Liebe suchen, und es sicherer finden, als durch Ungeduld und Leichtsinn der unausbleiblich strafenden Natur in die Hände zu fallen! Wohl hätten meine Verwandten es gern gesehen, daß ich in Moskau als practischer Arzt mich angesiedelt hätte, und so bei ihnen geblieben wäre, wozu sie mir auch alle Empfehlungen in den wichtigsten und größten Häusern daselbst anboten. Aber die angenehme Schilderung, die der Bruder von seinem glücklichen Aufenthalt in dem so schönen, und an Natur-Producten seltener Art so reichen, südlichen Sibirien mir machte, meine große Neigung und Liebe für Naturkenntnisse und die vacante Stelle eines Arztes beim sibirschen Corps, die damals

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Reinhold Berens: Geschichte der Berens in Riga. Riga: Julius Conrad Daniel Müller, 1812, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Berens_Geschichte_der_Berens_in_Riga_1812_042.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)