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οὐσίας notione 1871. Die Definition des φανερός und ἀφανές im athenischen Finanzwesen ergab gegenüber Boeckh einige neue Gesichtspunkte; irrtümliche Formulierungen der Lexikographen erkannte ich, habe sie aber erst später bei besserer Kenntnis dieser Litteratur auf ihre Quellen zurückführen können. – Eine ausführliche Rezension von Lugebils Buch über die Schlacht bei Marathon im Lit. Centralbl. 1872 n. 26 darf ich deswegen erwähnen, weil sie alles zur Widerlegung jener blendenden Hypothese Erforderliche giebt und der noch ausstehende inschriftliche Beweis, daß Miltiades’ Demos wirklich zur Oineis gehörte, später nachgebracht werden konnte („Miltiades Λακιάδης“ N. Jahrbb. 1877, 808). – Aus Italien hatte ich ferner außer Notizen und Entwürfen eine Arbeit ziemlich fertig mitgebracht, die bald durch Overbecks Vermittlung in den Abhandlungen der Sächsischen Gesellschaft erschien (VI, 3, 1872. „Über die römischen Triumphalreliefs und ihre Stellung in der Kunstgeschichte“). Unmittelbar unter lebhaften Eindrücken entstanden und schnell hingeworfen, berührte sie ein lange wenig beachtetes Gebiet. Sie beging den in Monographien häufig begegnenden Fehler, daß sie ihren Gegenstand schärfer sehen wollte, als er wahrnehmbar ist, das heißt in diesem Falle, daß sie für die Römer mehr in Anspruch nahm, als ihnen zukam, und hat dadurch nützliche Untersuchungen anderer über hellenistische Reliefskulptur und über das Wesen des griechischen Reliefs überhaupt veranlaßt. In ihren allgemeineren Teilen sollte sie mir einen vorläufigen Ersatz gewähren für Arbeiten, die ich liegen lassen mußte. Ich hatte mir einige Denkmälerreihen der toskanischen Skulptur des Quattrocento zurückgelegt und eine Untersuchung über den Vorrat gemeinsamer Typen bei den gleichzeitigen florentinischen Malern. Das Leben hat dafür gesorgt, daß aus beidem nichts wurde, und das war gut, wenn ich z. B. an W. Bodes spätere, glänzende Arbeiten denke, wenn es mir auch Überwindung kostete, die alten Entwürfe ganz liegen zu lassen. Je mehr ich philologischer Lehrer wurde, desto mehr mußten Nebenneigungen zurücktreten. Der Arbeit über die römischen Triumphalreliefs folgten nur noch zwei kleinere archäologische Abhandlungen[1]. Ihr Zweck war für mich erfüllt mit der Freude, die sie mir gemacht hatte, und nachträglich brachte sie mir noch manche kleine litterarische Zerstreuung[2].


  1. Die griechischen Künstler Damophilos und Gorgasos in Rom. Neue Jahrbb. 1873, 205. – Annali 1875 (Basreliefs der Villa Borghese).
  2. So z. B. stellte der gute selige Starck Heidelb. Jahrb. 1872, 942 einen nicht eben taktvollen Vergleich an zwischen ihr und der Arbeit eines gerade damals in einflußreiche Stellung gelangten hohen Beamten. Was sollte man aber vollends sagen, wenn derselbe Beurteiler, der die schwer zu beschaffenden Maße hoch angebrachter Reliefs, die ich für meinen Zweck nicht brauchte und darum nicht gab, – tadelnd vermißte, selbst [170] aber das Gigantenrelief im Cortile di Belvedere (Müller-Wieseler II n. 848) ausmaß und an seinen „Tempel des Jupiter Tonans, Heidelb. 1869“ versetze, ohne zu merken, daß es dafür viel zu groß war! – Daran erkenn’ ich den gelehrten Herrn. Ebenso wenn ein jüngerer Herr mir den Text las, weil ich an einem Relief an der Außenwand des Casino der Villa Medici (Bartoli u. Bell. Admir. I² T. 44) die modernen Restaurationen des Hintergrundes nicht erkannt hatte, während er selbst in reiferen Jahren vollständig moderne Reliefs, nach Hennings Phigaliafries gearbeitet (Arch. Zeitg. 40, 1882, 165), ahnungslos als Werke altgriechischer Kunst besingen konnte: Athen. Mitteil. 3, 68 und 6, 306. Trotz der Warnung Mitt. 5, 364. Und als ob die Ate noch nicht genug habe: Archäol. Zeitg. 1885 (Charonrelief) zu vergl. mit Jahrbuch des arch. Instit. 2, 240.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Biographisches Jahrbuch für Alterthumskunde, 18. Jahrgang (1895). S. Calvary & Co., Berlin 1896, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Biographisches_Jahrbuch_f%C3%BCr_Altertumskunde_18_173.jpg&oldid=- (Version vom 2.12.2018)