Seite:Braunschweig Lüneburg (Merian) 011.jpg

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Germanico hinauff gezogen / vnd weit vnd breit sich bekant gemachet / also daß Cluverius, nach dem Er hievon weitläufftig gehandelt / mit diesen nachdencklichen Worten davon saget: Non modo Frisiae, Bataviaeque sed et Angliae incolae optimi et praestantissimi toto orbe existunt nautae, arte nautica, à priscis Saxonibus, majoribus suis, accepta: à quibus Galli, quoque et Hispani; qui Oceanum magnum navigant, non modo artem, sed et pleraque vocabula nautica, quae mera sunt Germanica in hanc usque diem retinuerunt Germ. antiq. pag. 166. Aventinus Annal. Bojorum lib. 5. schreibet / die Sachsen seyn der Cimbrorum vnd Teutonum Nachkömblinge / vnd hätten die Sicambri, Chauci, Cherusci auch allgemach den Nahmen der Sachsen angenommen. Bey dem Chytraeo seynd andere mehr Meynungen dißfalls zu lesen / Es ist aber glaublich / auch auß den Historicis so viel zu schliessen / daß die Chauci endlich über die Weser gekommen / vnd die Cheruscos auß dem platten Lande weg / biß an den Hartz vertrieben / die Chauci auch so lange die Länder diß vnd jenseit der Weser bewohnet / biß Sie hernach von den Sachsen überzogen / vnd außgerottet / vnd also diese Länder immer fort biß anhero bey dem tapffern Sachsen Volcke geblieben. Das Wort Körisch / Cheruscus, ist sattsamb annoch bekant / wie auch Gauke / Chaucus, so aber der beste Nahme nicht ist / weil die Victores Saxones die überbliebene Chaucos als Schlaven / geringe vnd lose Leute gehalten.

Welcher gestalt die alten Einwohner dieser Lande / nemblich die Cherusci vnd Chauci, ihr Regiment geführet / davon findet sich zwar keine eigendliche absonderliche Nachricht / Es ist aber kein Zweiffel / das eben die Art der Regierung bey den Völckern / so dieses Land bewohnet / nemblich den Cheruscis vnd Chaucis, als die sonst ins gemein bey den Teutschen Völckern üblich / im gebrauch gewesen. Nun ist bekant auß dem Tacito vnd Caesare, daß die alten Teutschen / ob Sie wol eines Herkommens vnd einer Sprache gewesen / dennoch kein allgemeines Regimentswesen oder Rempublicam vnter sich gehabt haben / nichts desto weniger ist gleichwol auß vorbemelten Geschichtschreibern wahr zu nehmen / daß ein jedweder Volck vnter sich allein / ein gemeines Wesen vnd gewisse Art deß Regiments mag gehabt haben / welche dann wegen dieser Völcker angebornen Neigung vnd Begierde zur Freyheit nicht anders / als Democratica seyn können / gleichwol mit der Aristocratiâ etwas vermischet gewesen.

Sonsten ist das Land in gewisse Gauen vnd Dörffer (Pagos et Vicos) abgetheilet gewesen. Zu Verwaltung eines jedweden Gaues oder Graffschafft / vnd Administrirung der Justitz / hat man eine Person auß dem Adel (welche ein Graff oder Greffe genennt worden / von Tacito vnd Caesare Princeps) erwehlet / vnd demselben auß der Gemeine etliche Beysitzer / so Schöpffen genant worden / zugeordnet. Bey Kriegszeiten / da nothwendig ein Haupt seyn müssen / hat man auß den vornehmsten deß Adels einen Heerführer oder Hertzogen (Ducem) erwöhlet / vnd demselben den Kriegszug anbefohlen / daher mag auch kommen seyn / daß etliche der Teutschen Völcker gleichfalls auß dem Adel ihren König erwöhlet / vnd vnter dessen Regierung / als Vnterthanen / gelebet haben / welches alles weitläufftiger außgeführet / vnd mit Zeugnüssen bewehret werden könte / da vnser Vorhaben solches erfordern solte. Wie nun eine solche Art der Regierung bey den Teutschen Völckern ins gemein gewesen / also ist leichtsamb zu ermessen / daß die Cherusci vnd Chauci, so diese Fürstenthümbe Braunschweig vnd Lüneburg / vnd benachbarte Oerter bewohnet / kein ander Regiment gehabt haben. Bey den Cheruscis ist gewesen / der von den Römern selbst hochberühmte Held Arminius oder Hertzog Herman / welcher nit allein den Röm. Kriegs Obristen Quintilium Varum zu Zeiten deß Keysers Augusti, mit 3. Legionen niedergemacht / sondern auch bey Regierung deß Keysers Tiberii, als die Römer in der gantzen Welt Friede hatten / vnd ihre eusserste Macht wider diesen Arminium vnd die Cheruscos loßgehen liessen / vnd der Caesar Germanicus mit mehr als 100000. tapffern alten Soldaten über die Weser / nit weit von dem

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Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_011.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)