Seite:Braunschweig Lüneburg (Merian) 071.jpg

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Leuten gekommen / diese Sache gerne dahin gerichtet gesehen / da die Alte Römische Ceremonien vnd Kirchengebräuche / in der Stifftskirchen wieder eingeführet werden möchten / hat er es doch dahin nicht bringen können; sondern ist endlich in anno 1552. Dingstags post Judica, da aller vier Fürstlichen Herren Patronen Abgesandten / in Braunschweig zusammen gekommen / vnd wegen deß Stiffts Beschwerungen Raht gehalten / dieser Punct / als der Allerfürnehmster / dahin verglichen / daß in dieser Stifftskirchen der Gottesdienst / mit singen / lesen / predigen / vnd beten / nicht nach der Alten / sondern nach der Evangelischen Art vnd Ordnung continuiret / geübet vnd behalten würde.

Die äusserliche Beschaffenheit dieser Stifftskirchen / ist ansehnlich vnd zierlich / jedoch mehrentheils nach der alten Art eingerichtet / ist gar kostbar zu erhalten / vnd befindet sich inwendig in der Kirchen hin vnd wieder / viel saubere merckwürdige Arbeit an Pfeilern / Mawerwercke / vnd Gemählden / insonderheit sind vnterschiedene künstreiche alte Gemählde auff etlichen grossen Tafeln / so über den Altaren stehen / wol würdig zu beschawen: Gestalt dann auch in der Alten Capellen S. Gertrudis / noch zu sehen eine schöne Seule / auß einem Jaspis / welche Hertzog Heinrich der Löwe / auß dem gelobten Lande mitgebracht hat. Nicht weit davon / gegen den Mittag werts / ist das Mawerwerck deß Finckenherdes / Hertzogen Henrici Aucupis zu sehen / welches der Durchleuchtiger / Hochgeborner Fürst vnd Herr / Herr Augustus, jetziger Regierender Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / wegen Bawfälligkeit / in anno 1640. etwas ändern lassen / Massen dann daselbsten / bey einem Thorwege in solchem Mawrwercke / an der rechten seiten / in einer alten steinernen Tafeln / stehen eingehawen zween gelbe Löwen Parden / im rohten Felde: An der andern seiten stehet / in einer newen Tafel / Anno Christi 1640. ist dieses geändert.

So befindet sich auch bey diesem Stiffte / ein sonderbar herrlich Glockengeleute / vnter welchen die grösseste Glocke Anno 1502. Dingstages post vincula Petri, in der Burg daselbst / von Meister Gerdt von Lampen auß Engelland / gegossen worden; hat an die 99. Centner: Das gantze Geleute machet ein volles Stimmwerck / vnd sind der Glocken an der Zahl 11.

Anno 1586. hat Hertzog Julius hochlöbl. Gedächtnuß / das Burgthor / für der Vormauren / nach dem Abendwerts bawen / solches mit dem Fürstl. Wapen zieren / vnd das Dach mit Bley bedecken lassen.

Anno 1609. ist diese Stifftskirche mit einer newen grossen kostbaren berühmeten Orgel / in 36. Stimmen bestehend / gezieret worden; welche noch jetzund im Stande ist / vnd ein schönes Ansehen hat.

Es ist diese mehrberührte Kirche / mit denen dazu gehörenden Stifftsgebäwden / vnd Curus Canonicorum, gelegen in der Burg / recht mitten in der Statt Braunschweig / hat an der seiten nach Mitternacht einen feinen grossen Platz / in dessen mitte stehet oberwehntes berühmtes monumentum ducis Henrici Leonis, nemlich ein ehrner / übergüldeter grosser Löwe / mit auffgesperrtem Rachen / welcher gesetzet auff eine hohe breite Seule / so von grossen Quatersteinen ist auffgeführet / vnd stehen forne zu den Füssen deß Löwens / auff einem breiten Steine / folgende Worte:

ANNO SALUTIS HUMANI GENERIS M. DC. XVI. MENS. AUGUST. ILLUSTRISSIMUS PRINCEPS DOMINUS, DOMINUS FRIDERICUS HULDARICUS, HENRICI JULII FILIUS BRUNS. ET LUNAEBURG. DUX, HOC ANTIQVUM MONUMENTUM GENTILITIUM, TEMPORIS ET COELI INJURIA COLLAPSUM, RESTAURARI ET PRISTINO NITORI RESTITUI CURAVIT, POSTQVAM ANNO PRAECEDENTI URBEM HANC ACERRIMA OBSIDIONE A. XXII. JULII USQVE AD XI. NOVEMBRIS CINXISSET, ET TANDEM

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Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_071.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)