Seite:Braunschweig Lüneburg (Merian) 134.jpg

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Gleichen.

Die Alten Gleichen in Sachsen / sind zwey Berghäuser / gegen einander über / fast in einem parallel, so nahe ligend / daß man von einem in das ander mit einem Falckenet oder Doppelhacken schiessen könne / eines / vnd zwar das nach dem Osten vnd Eichsfeld / Braunschweig-Calenbergisch / das ander / nach dem Westen / vnd dem Land zu Hessen werts / Hessischer Hochheit / Sollen allschon vmb das Jahr Christi 720. erbawet / vnd von den Herren von Rostorff / so sich davon Herren zu Gleichen geschrieben / seyn bewohnet worden.

Das Braunschweigische wird von dem Adelichen Geschlecht der Vßler zu Lehen erkant / gestalt dann solch Geschlechte / nach dem es das Hauß verlassen / vnd dasselbe mit der Zeit wüste worden / sich in die darunter vnd daran ligende lustige Gründe vnd Thäler niedergelassen / vnd ihre Sitz vnd Wohnung erbawet.


Göttingen.

Die Statt Göttingen / ist die Hauptstatt deß Fürstenthumbs Braunschweig Göttingen / oder Oberwald genant / so zum Fürstenthumb Calenberg gehörig / ist gelegen an einem sehr fruchtbaren Ort / hat gegen Orient das Eichsfeld / gegen Mittag den Werrastrom / vnd gegen Mitternacht die Stätte Northeim vnd Eimbeck / durch die Statt fliesset der Leinastrom / vnd ferner durch das Fürstenthumb Calenberg / auff die Statt Hannover / fürters durchs Fürstenthumb Lüneburg / daselbst in die Aller / welche hernach bey Verden in die Weser laufft.

Vom Vrsprung dieser Statt / vnd wann sie erbawet / kan man zwar keine eigentliche Nachricht haben / wird aber ins gemein dafür gehalten / daß sie von den Gothen ihren Anfang / auch Nahmen erlanget / vnd zwar zu der Zeit / als dieselben Welsch- vnd andere Ländere durchstreiffet / vnterschiedliche Provincien mit grosser Macht eingenommen / vnd vnter sich vertheilet gehabt / wie sie aber dieselbe endlich wieder räumen müssen / hätten sie sich in Westphalen / Sachsen vnd Thüringen niedergeschlagen / vnd in Sachsen Göttingen / in Thüringen aber Gotha erbawet.

Gottinga sagt Matthaeus Dresserus de praecip. Germaniae Urbib. Saxoniae Urbs pervetus à Gothis septentrionalib. populis, ut plerorumque fert opinio, condita. Hi enim ex Gothia progressi pene totam Europam peragrarunt et Germanis Italisque negocii plurimum facesserunt.

Dahero erscheinet / daß diß eine vhralte Statt sey / dann von Historicis davor gehalten wird / daß die Rückkunfft der Gothen vmb das Jahr Christi 448. geschehen.

So viel sonsten den Nahmen anlanget / seyn andere der Meynung / daß derselbe à bonitate agri herkomme / vnd Göttingen quasi Gootdingen seu Gutdingen / bona et commoda mansio genennet / dahero der berühmte Poet vnd Historicus Meibomius in quodam carmine:

Leina pater vitreo, qui flumine praefluis Urbem,
Cui circumfusi bonitas notissima ruris,
Aut veteres Gothi nomen tribuére venustum.
Et alibi:
Sive agri bonitas, seu gens tibi Gothica nomen
Gottinga, fecerit tuum.

So viel die Teutsche Keyser angehet / findet sich / daß Keyser Fridericus Barbarossa,

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_134.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)