Seite:Braunschweig Lüneburg (Merian) 154.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Gn. hochsel. vmb die Statt zur Geestwerts Retrenchementen / mit einem kleinen Graben auffwerffen vnd verfertigen / auch newe Thore vnd Brücken erbawen lassen. Anno 1650. ist der Ort / wo sonst die Ziegelscheur gestanden / auch zu einer Gasse außgestecket vnd angeordnet / vnd den Bürgern / so wegen deß Vestungsbawes ihre Wohnhäuser wegnehmen müssen / zu wieder Auffrichtung derselben angewiesen: Massen auch daselbst ein newes Kauffhauß / sampt einem Kranen erbawet / vnd zur Anfahrt der Schiffe vnd Ever / ein newes Revier außgegraben wird.

Die Pfarrkirche in dieser Statt ist vorhin nahe an der Vestung gestanden / daselbsten aber weggenommen / vnd auff jetztbenanten newen Platz / viel grösser vnd besser / als sie vorhin gewesen / von newem wieder erbawet / vnd mit einer langen Spitze gezieret: Nebenst derselben ist noch ein Filial in der Statt / welches ein kleines Kirchlein / so Anno 1645. auff der Newstatt erbawet / vnd inwendig schön gezieret.

Es hat diese Statt von vndencklichen Jahren her die Gerechtigkeit der Fahrt über die Elbe / nacher Hamburg / welche Statt etwan eine gute Meil weges über das Wasser davon gelegen / gehabt / derer es sich annoch gebraucht / zu welchem ende allda eine gute Anzahl grosser vnd kleiner Fehrschiffe / Ever genant / verhanden / mit welchen nicht allein das Viehe / sondern auch die von Nürnberg / Franckfurt / Erffurt / Leipzig / Hildesheim / vnd andern Orten daselbst ankommende Wahren / auch Leute / so nach Hamburg zu thun haben / täglich übergebracht werden.

Der Hafen daselbst / die Lotze genant / ist so tieff / das Kuggen vnd Schiffe auß Holland vnd Frießland kommende / hinein fahren vnd anlegen / Steine vnd Kalch / wie auch Victualien vnd andere Wahren dahin bringen / vnd verkauffen können. Wiewol nunmehr zu Anfahrt der Schiffe / ein newer Graben vnd Schleusen / wie vor gedacht / gemachet worden.

Sonsten / ob wol dieses Schloß vnd Statt bey gewehrtem Kriege offtmals nicht in geringer Gefahr gewesen / so ist es dennoch durch Gottes sonderbare Gnade von frembder Besatzung / Außplünderung vnd dergleichen entfreyet geblieben.


Hardegsen.

Furstlich Calenbergisches Ampthauß vnd Statt / zwo Meilen von der Statt Göttingen / gegen Nordwesten / vff der Heerstrassen / zwischen Eimbeck vnd Münden / an einem Gebürge / hat den Herren von Rostorp / benebenst dem Hause Harste / vnd andern Gütern mehr / zugestanden / vnd ist selber Ort vmb das Jahr Christi 1380. von Hertzog Otten zu Braunschweig Lüneburg / so man den Quaden genennet / darumb eingezogen worden / daß Christoff von Rostorp seinen Bruder Friederichen / auff Hardegsen / in seinem Bette erstochen. Hochwolermelter Hertzog hat den Ort / so sonst ein Flecken gewesen / mit Statt Gerechtigkeit vnd Innungen / im folgenden 1383. Jahre begnadiget. Sein Gemahlin / Fraw Margretha vom Berge / hat nach ihres Herrn seel. Tod / ihr Witthumb vnd Leibgeding daselbst an die 48. Jahr lang gehabt / vnd ist endlich mit ihrem Sohn Hertzog Wilhelm / so jung in anno 1365. verstorben / in selbiger Stattkirchen in dem Chor / wie die Monument vnd Vrkunde daselbst außweisen / Anno 1442. beygesetzet worden.

Bey dem langwierigen Kriegswesen haben die Einwohner vnd Bürger ihre Nahrung in Handwercken / Brawen vnd Ackerbaw gesuchet / vnd thun solches vff den heutigen Tag.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_154.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)