Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 056.jpg

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Und es bricht aus vollen Kehlen
Ein Gesang mit wildem Grimme;

115
An den stillen Mauern brechen

Widergellend sich die Stimmen:

„Blanke Jungfern, blanke Degen
Muß man küssen, muß man schwingen;
Der Schwertfeger weiß zu fegen,

120
Sind sie rostig, unsre Klingen!


Wenn der Metzger Messer wetzet,
Muß sein Weib ein Lied ihm singen,
Und das Kalb, vom Hund gehetzet,
Hilft sie leichter ihm bezwingen.

125
Wetzt, ihr Brüder, wetzt die Degen,

Weil die schöne Jungfer singet,
Weil das Kalb sie uns entgegen
Singend aus dem Stalle bringet.

Blanke Jungfern, blanke Degen,

130
Muß man küssen, muß man schwingen;

Der Schwertfeger weiß zu fegen,
Sind sie rostig, unsre Klingen!“

Und schon mehret sich die Menge,
Hergelockt aus allen Winkeln,

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Und es drohet aus der Ferne

Schon der schwere Tritt der Sbirren.

Von dem wilden Sang erwecket,
Kam nun Apo auch zu Sinnen,
Der in seiner Weisheit Netzen

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Hing wie eine giftge Spinne.


Und kaum trat er auf die Schwelle,
Nähert sich der heilgen Linde,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_056.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)