Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz A 008.jpg

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wollen indes unser eigenes Urteil unterdrücken und zur Rechtfertigung dieses Neuabdruckes einem Manne das Wort geben, der neben einem ausgezeichneten Kenner des Dichters und Menschen Brentano, einer der hervorragendsten Theologen des vorigen Jahrhunderts war, unter dessen Soutane ein so priesterliches Herz schlug, wie es selten in der Brust eines Gelehrten sich findet.

Der verewigte Domdekan Prof. Dr. J. B. Heinrich schreibt in seiner im Jahre 1878 in den Vereinsschriften der Görres-Gesellschaft erschienenen Studie „Clemens Brentano“ S. 50 ff.:

„Nie gestattete Clemens, daß irgend etwas aus den Romanzen gedruckt wurde. Nach seinem Tode erst hat sein Bruder Christian sie herausgegeben, und mit Recht: denn auch als Fragment in ihrer teilweise unfertigen Form und in ihrem ungleichen Werte, gehören die Romanzen vom Rosenkranze zu den seltensten Blüten wahrer Poesie.“

„Wenn auch die geläutertere und tiefere christliche Erkenntnis und die zarte Gewissenhaftigkeit, die Clemens in den späteren Jahren seines Lebens auszeichnete, manchen schiefen und nichtverständlichen Gedanken und manche Schilderungen verwerflich fand, so ist doch die Idee des Ganzen tief christlich, und der Geist, der es durchweht, ein sittlicher und religiöser. Sünde erzeugt Schuld und Unheil. Der Sünde Wurzel ist aber einesteils die die heiligsten Gesetze durchbrechende Leidenschaft irdischer Liebe, andernteils der Geistesstolz, der durch falsche Wissenschaft zu frevelhaftem Unglauben und endlich zu dämonischer Bosheit und Fleischlichkeit führt. Aber das Gute ist stärker als das Böse. Mit Gottes Gnade und durch Mariä Fürbitte triumphiert die Unschuld und der Seelenadel über die Versuchung und erwirbt das Opfer der Unschuldigen den Schuldigen Versöhnung und Heil, nicht aber ohne Mitwirkung. Denn so wie Sünde und Schuld nicht fatalistisch, sondern durch freie Hingabe an das Böse sich fortpflanzen, so wird auch die Gnade nur durch freie Tat in Kampf und Tugendübung gewonnen und

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Petrus-Verlag G.m.b.H., Trier 1912, Seite VIII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_A_008.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)