Zum Beweise des Gesagten diene das ungeschminkte, edle und vortreffliche Weib. Wer das süße Glück hatte, eine solche liebe und treue Seele kennen zu lernen, der wird am Göttlichen im Menschen nicht länger zweifeln und verzweifeln. Über diesen Gegenstand recht viele glückliche Erfahrungen zu machen, das ist gewiß sehr wünschenswerth.
Es giebt gemeine Naturen, die ihre Reize nur zur Schau tragen, um niedere Begierden und Leidenschaften einzuflößen. Von Grazie kann bei solchen Wesen nie die Rede sein. Übersättigung und Überdruß, wenn’s gelingt; Raserei und Verzweiflung, wenn’s mißlingt, das sind die Kakodämonen dieser wüsten Geschöpfe. Es giebt aber auch edle Naturen, mit welchen die Grazien unzertrennlich im Bunde stehen. Die reinsten Wünsche vermählen sich bei ihnen mit Zartsinn, Maß und Ziel. Dauer und Vollendung sind die herrlichen Folgen einer solchen harmonischen und naturgemäßen Ausbildung.
Alle Wesen und Dinge können betrachtet werden, als mehr oder weniger einander ähnlich und anziehend; oder als einander unähnlich und abstoßend. Aber sie
Nikolai Abramowitsch Putjatin: Worte aus dem Buche der Bücher. Dresden 1824, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Buch_der_B%C3%BCcher_(Putjatin)_073.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)