Seite:Buch der Bücher (Putjatin) 075.jpg

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sowohl, als durch Gesinnungen und Selbstverläugnungen mancher Art. Wären sie nicht wirklich gut, dann würden Treulosigkeit, Rachsucht, Raub, Mord und Hochverrath bald überall zu Hause sein. Bedenkt man überdies noch, welche schlechte Grundsätze so viele Menschen nach und nach in sich selbst ausbilden, oder von Andern annehmen; welche Falschheit oft im Innersten ihres Herzens verborgen ist; wie sie immer tiefer sinken, und in der Nacht des Wahns und der Irrthümer aller Art wandeln; und wie sich dennoch jene angeborne Güte erhält, wächst, blüht und Früchte trägt; dann wird es uns recht einleuchtend, wie groß und festbegründet jene angeborne Güte sein muß. O wahrlich, ohne diese Güte, die vom Himmel stammt, würden Furcht und Strafen bei weitem nicht hinreichen, die Menschen vom Allerbösesten noch länger abzuhalten; es würden alle moralische und juridische Abhalt- und Corrections-Mittel nur traurige Palliative, und oft selbst neue Sünden-Impfmittel sein und werden. Ein innerer Trieb des Wohlwollens und des Edelsinnes im Menschen ist es vielmehr, welcher es verhindert, daß Treulosigkeit und Lust zu Gewaltstreichen nicht alle bestehende gute Ordnung umkehre; daß der herrischen Gewalt nicht wieder Gewalt, und der Ungerechtigkeit nicht immer gleich wieder Ungerechtigkeit entgegen gesetzt

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Nikolai Abramowitsch Putjatin: Worte aus dem Buche der Bücher. Dresden 1824, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Buch_der_B%C3%BCcher_(Putjatin)_075.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)