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Das neun und dreißigste Kapitel.


1. Giebt’s noch was Neues? – 2. Die Coterien. – 3. Die kluge Frau. – 4. Die Gestaltungen der Mimik. – 5. Der würdige Mercier.


1. Oft hört man von gepriesenen Belletristen und Kunstrichtern die verzweifelte Behauptung aussprechen: „Aller Stoff für neue Schauspiele ist schon längst erschöpft!“ Aber, meine Herren, um’s Himmelswillen, bedenken Sie doch: Läßt sich denn das Universum wohl ausschöpfen? Gewiß nicht; es wäre ja sonst nicht unendlich. Molière z. B. hat einen Geizigen auf die Bühne gebracht; kann man aber wohl behaupten: Dieser Dichter habe die Millionen und aber Millionen Arten von Geiz, welche es giebt, oder geben kann, mit allen Merkmalen völlig erschöpfend charakterisirt; er habe alle Verhältnisse und Lagen, in welchen jeder Geizige auf seine ihm eigenthümliche Weise geizig ist oder sein kann, in allen Nüancen schon aufgefaßt, und ganz unübertrefflich dargestellt? Mit nichten. Hundert, und hunderttausend Schriftsteller, welche Geist und Gewandtheit haben, wie Molière, können eben so viele Geizige, nach ihrer Art, auf die Bühne bringen, und wir erhalten immer ein neues und eigenthümliches Stück. Eben so verhält es sich auch mit jedem andern Stoffe unserer

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Nikolai Abramowitsch Putjatin: Worte aus dem Buche der Bücher. Dresden 1824, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Buch_der_B%C3%BCcher_(Putjatin)_114.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)