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sein. – So lange die Menschheit in unmenschlicher Unterdrückung bleibt, – – z. B. durch gewisse Gutsbesitzer, welche sich weit ärger an der Menschheit, als alle Flibustiers und Septembriseurs versündiget, da indeß ihre Damen von Sentiment sprechen, – so lange sind Revolutionen von unten herauf zu befürchten, die unausbleiblich mit Bestialitäten verknüpft sind.

II.

Von meinem Studiren, d. i. von meinem Wahrheitsuchen, mit dem ich es mir in meinem langen Leben habe sauer werden lassen, habe ich nebenher drei Früchte eingeerntet, die mir unter allen die liebsten sind.

1. Ich weiß nun genau, was ich weiß, und was ich nicht weiß; und urtheile natürlich nie über Dinge, von denen ich überzeugt bin, daß ich sie nicht verstehe.

2. Selbst da, wo ich etwas zu wissen, und folglich urtheilen zu dürfen vermeine, wie etwa in der Moral, Psychologie und Politik, bescheide ich mich gleichwohl, durch Anderer und meine eigene lange Erfahrung gewitzigt, der Fall sei wohl möglich, daß ich Unrecht hätte; daß die von mir bestrittene Meinung doch die richtigere sein könne; daß ich diese, zu einer andern Zeit, und bei einer andern Stimmung meiner Verstandes- und Empfindungs-Organe, vielleicht selbst für meine Meinung annehmen würde. Folglich, wenn ich urtheile, oder gar, wie man´s nennt, kritisire, so heißt das nichts Andere, als: „Das ist meine Meinung, meine

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Nikolai Abramowitsch Putjatin: Worte aus dem Buche der Bücher. Dresden 1824, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Buch_der_B%C3%BCcher_(Putjatin)_156.jpg&oldid=- (Version vom 17.12.2020)