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athmen die Empirie und materiellen Ansichten Condillac`s. Sehr viele sonderbare Sätze jener Schriften vertragen zwar keine nähere Prüfung; aber das Ganze gewährt doch die allermannichfachste Belehrung. Wer da glaubt, daß allem Metaphysischen und Moralischen im Menschen immer auch etwas Körperliches entspreche, der findet hier seine volle Rechnung; aber man hüte sich ja wohl, sogleich in verba magistri zu schwören. – Als Generalpächter handelte Helvetius echt philosophisch, d. h. wohl überlegt und edel, immer mit Milde und Schonung. Junge talentvolle Studirende wurden von ihm mit Freigebigkeit unterstützt; und selbst dem unglücklich gewordenen Jesuiten, der ihm einst so viel Herzeleid und Verfolgungen bereitet hatte, half er, da dieser Mensch höchst elend geworden war, auf die edelgesinnteste Weise, ohne daß derselbe den Namen seines Wohlthäters erfuhr. – „Belohnung und Strafe, Ehre und Schande,“ sind nach Condillac und Helvetius, „Die Hebel aller menschlichen Tugenden. Ein Jeder schätzt in Andern,“ sagt Helvetius, „nur sein eigenes Bild; oder das, was ihm nützlich sein kann. Die interessantesten Ideen sind allemal für einen Jeden diejenigen, die am meisten seinen Neigungen schmeicheln.“ – Ueber das Falsche und Nachtheilige einer solchen egoistischen Erfahrungs-Weltansicht, wie die Systeme fast aller französischen Philosophen des achtzehnten Jahrhundert, vorzüglich die von Condillac und Helvetius, welche indeß beide von dem Lockischen Systeme ausgingen, vergl. Buhle´s Geschichte der Philosophie VIII., §. 2087 ff.


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Empfohlene Zitierweise:
Nikolai Abramowitsch Putjatin: Worte aus dem Buche der Bücher. Dresden 1824, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Buch_der_B%C3%BCcher_(Putjatin)_184.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)