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124 Die elektromotorischen Kräfte eldy. Ursprungs für


sein als beliebige Functionen der Bogenlängen. — Dieser Zustand mag kurzweg der Anfangszustand, und der Augenblick des Anfangszustandes genannt werden.

     Vom Augenblick an sei das System, abgesehen von irgend welchen (an Fäden wirkenden) äusseren Zugkräften sich selber[1] überlassen. Auch sei vorausgesetzt, dasselbe bleibe durch geeignete (von Augenblick zu Augenblick erfolgende) Wärmeableitungen in constanter Temperatur erhalten.

     Nach dem allgemeinen Axiom der lebendigen Kraft (oder vielmehr nach einem daraus abgeleiteten Satze, pag. 33) muss alsdann diejenige Quantität von lebendiger Kraft und Wärme



welche das System während eines beliebigen Zeitelementes vermöge seiner Kräfte eldy. Us, in sich selber hervorruft, das vollständige Differential irgend einer unbekannten Function sein, welche lediglich abhängen darf von der augenblicklichen Beschaffenheit des Systems.

     Der analytische Ausdruck einer solchen Function wird lediglich zusammengesetzt sein aus denjenigen Grössen, welche der augenblicklichen Beschaffenheit des Systems angehören. Diese Grössen aber zerfallen in zweierlei Gattungen. Die einen sind constant, nämlich im augenblicklichen Zustande des Systems von genau denselben Werthen wie in allen übrigen; die andern sind variabel, und haben also im Allgemeinen im augenblicklichen Zustande andere Werthe, als früher oder später. Die erstern mögen die charakteristischen Constanten, die letztern die charakteristischen Variablen des Systems genannt werden.

     Zu den charakteristischen Constanten des Systems gehören die räumlichen Dimensionen, überhaupt alle Constanten, durch welche die Figuren und Querschnitte der einzelnen Ringe sich ausdrücken, ferner die Dichtigkeiten der ponderablen Massen, ferner die Quantitäten freier Elektricität, mit denen die (von isolirenden Hüllen


  1. Da die Ringe homogen sind, und von Aussen her keinerlei elektromotorische Kräfte einwirken, so werden bekanntlich die zu Anfang vorhandenen Stromintensitäten binnen einer äusserst kurzen Zeit erlöschen, falls die Bewegungen der Ringe von mässiger Stärke sind. Somit sind wir in der unangenehmen Lage, entweder die Zeitdauer der betrachteten Processe uns als eine ungemein kurze denken zu müssen, oder annehmen zu müssen, dass die Ringe (etwa in Folge ihrer anfänglichen Geschwindigkeiten) in äusserst rapiden Bewegungen sich befinden.      Doch sei sogleich bemerkt, dass diese Unannehmlichkeit vollständig fortfällt bei derjenigen zweiten Methode, von welcher im nächstfolgenden §. die Rede sein wird.
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Carl Gottfried Neumann: Die elektrischen Kräfte. Leipzig 1873, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Carl_Gottfried_Neumann_-_Die_elektrischen_Kr%C3%A4fte_142.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)