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Diese Beziehung der Hostien auf die Quelle des Lebens fällt zusammen mit der Auffassung der Seitenwunde des Heilandes am Kreuz als der Urquelle des neuen christlichen Heiles. Schon die Quelle, welche Moses in der Wüste aus dem Felsen schlug, wird als Vorbild der Seitenwunde Christi und seines welterlösenden, aller Seelen Durst stillenden Blutvergiessens genommen. So ist auch das in den altchristlichen Grabbildwerken der römischen Katakomben sehr oft wiederholte Sinnbild des Mosesstabes, der die Quelle anschlägt, zu verstehen. Dem Verstorbenen wird durch den Quell ein neues Leben, ein frisches Hervorspringen aus dem steinernen Grabe verheissen, aber nur unter der christlichen Bedingung, d. h. durch das Verdienst des Todes Jesu. Vgl. Aringhi, Roma subt. I. 319, 323, 539, 571, 613 f.

Auch wird die Quelle des Lebens speciell als das Wort Gottes aufgefasst. Eine Quelle mit den Zeichen der vier Evangelisten (auf Miniaturen, Waagen, Paris S. 239.) bedeutet die vier Evangelien, verglichen mit den vier Flüssen des Paradieses. Vgl. den Artikel Fluss.

Sofern Christus das Wasser des Lebens (aqua vitae) heisst, wird Maria als die Quelle gedacht, aus der es fliesst, als fons puritatis, auch als fons amoris, fons Jacob. Auf einem griechischen Bilde bei Didron, annales I. 213, erscheint die Mutter Gottes als Brunnenheilige über einer Quelle, aus welcher von einer Seite Patriarchen, Könige und Fürsten, von der andern Kranke und Elende trinken. Eine Inschrift bezeichnet die Quelle als die des Lebens. Es gibt auch mehrere Gnadenorte, Mariabronn genannt, wo ein wunderthätiges Marienbild in einer Quelle gefunden worden.

Eine grosse Anzahl heilig gehaltener Quellen leitet ihren Ursprung von Heiligen her, die sie auf wunderbare Weise hervorspringen liessen, sey es, um Nothleidenden zu helfen, sey es nur, um ihre Heiligkeit kund zu geben. Vgl. die Register der Acta SS. s. v. fons. Sie wiederholen das Wunder des Moses, zuweilen aber lassen gemarterte Heilige eine Quelle nur entspringen, um grossmüthig den Durst ihrer

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_251.jpg&oldid=- (Version vom 19.3.2023)