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wenn das Ende der irdischen Dinge gekommen ist, kein Mensch mehr lebt und der Tag des Gerichtes heranbricht, an welchem ausgeschieden werden die, welche zur ewigen Verdammniss, und die, welche zur ewigen Seligkeit berufen sind. Die Natur selbst feiert jährlich ein Auferstehungsfest im Frühling, welches daher der kirchlichen Osterfeier zur sinnbildlichen Unterlage dient. Sehr schön heisst es in einer Hymne des Fortunatus: „Siehe, der Frühling bezeugt, dass der Herr wiederkehrt mit seinen Gaben. Nur Ihm, dem Herrn, schmückt sich der Wald und die Au mit neuem Grün.“ Fortlage, christl. Gesänge S. 137. Und in einer Hymne des Adam von St. Victor: „Und es aufersteht die Flur mit dem auferstandenen Herrn,“ wobei der Frühling das wiederkehrende Paradies vorbedeutet. Daselbst 139. Eben so in der schönen Hymne: Plaudite coeli. Königsfeld, latein. Hymnen S. 226.

Im ganzen Ostercultus macht sich diese Wechselbeziehung geltend. Das Osterwasser, die Osterlichter, Ostereier etc. sind Sinnbilder, die aus dem neu erwachten Naturleben, aus den vom Eise befreiten Flüssen, aus dem heller gewordenen Tage, aus den neuen Zeugungen im Pflanzen- und Thierleben entlehnt sind. Vor Allem wichtig ist aber das Sinnbild der Sonne. Der Aufgang der Ostersonne bezeichnete das Auferstehen Christi aus dem Grabe, daher man noch in sehr später Zeit, ja in einigen Gegenden noch jetzt in der Osternacht auf die Berge geht, um den Sonnenaufgang am Ostermorgen zu sehen, wobei es alter Volksglaube ist, die Ostersonne hüpfe dreimal vor Freuden über die Auferstehung des Heilands auf. Hieher gehört auch die Osterhymne des Ambrosius: Aurora coelum purpurat (vgl. Königsfeld, latein. Hymnen S. 16 u. 18), und die Bekleidung des auferstehenden Heilands mit einem morgenrothen Gewande auf einem venetianischen Miniaturbild. Kunstblatt 1823, S. 54. Diese Farbe wiederholt sich auch auf neueren Bildern. Vgl. Wessenberg, christl. Bilder II. 211. Das Wichtigste aber ist, dass die Feier des christlichen Sonntags überhaupt nur aus dem

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_088.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)