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seiner Fruchtbarkeit die saaterwärmende Kraft in der winterlichen Erde und wegen seiner Hörner als Zeichen des Steinbocks am Himmel die wiederaufsteigende Bewegung der Sonne nach der Wintersonnwende bedeutete. Aber auch diese Symbolik wurde auf Christum bezogen. In einem alten Physiologus in Hoffmanns Fundgruben I. 30. wird der Heiland selbst mit dem Zeichen des Steinbocks am Himmel verglichen, in das seine Geburt fällt. Damit hängt auch die Sage zusammen, dass Schiffer auf dem Meere in dem Augenblick, in welchem Christus geboren wurde, hätten rufen hören: „Pan ist gestorben!“ Vgl. Plutarch, vom Verfall der Orakel 17. Der bocksfüssige Pan war eine Personification des Winters, und sein Tod kündigte die Ankunft des Frühlings an. Andererseits wurde auch wieder unter dem Böcklein, welches Abraham stellvertretend für seinen Sohn Isaak opferte, ein Vorbild des Oster- und geopferten Gotteslammes gesehen. Daher findet sich auf den ältesten christlichen Gräbern oft ein Bock oder Widder anstatt des Gotteslammes. Vgl. Bellermann, Katakomben von Neapel tab. 3. 4. 6. Bosio p. 249. Wenn aber auf solchen Grabbildern der gute Hirt statt des Lammes einen Bock trägt, so entspricht das vollkommen dem Begriff des verlorenen Schafes, welches der gute Hirt aufsucht; denn das verlorene Schaf bedeutet einen in Sünde Gefallenen, und Sünder werden als Böcke von den Gerechten, als den Schafen, unterschieden.

Beim Propheten Daniel 8, 5. ist der Bock ein Sinnbild des macedonischen Reiches wegen der Stärke seiner Hörner und vielleicht auch wegen des kühnen Aufsteigens.

Nach der spätern christlichen Vorstellungsweise, gestützt auf 3. Buch Mos. 17, 7 und Jesaias 13, 21, kommt die Bocksform wesentlich dem Teufel zu und bildet die Grundlage seiner ganzen Gestaltung. Ein wie ein Mensch aufrecht gehender Bock ist das Urbild des Teufels; alles von andern Thieren entlehnte Hässliche und Karikirte ist nur Zusatz. Der alt-ägyptische Teufel (Typhon) war mehr amphibialisch, die indischen Rakschasas haben mehr Vogelformen. Dass der

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_147.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)