Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 198.jpg

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zu lösen vermochten. Insgemein wurde der Heiland zu hässlich, elend und selbst abschreckend dargestellt, was sich so wenig ziemte, wie die Kleiderlosigkeit. Eine eben so gefährliche Klippe für die Künstler war die Bemühung, den leidenden Heiland als einen schönen Mann darzustellen und auf ihn überzutragen, was die Welt geistreich und gefühlvoll nennt.

Christus wendet den Kopf meist nach rechts, zuweilen aber auch nach links hin. Kunstblatt 1841, S. 370. Eine bestimmte Regel steht nicht fest. Lebend blickt er häufig gerade in die Höhe gen Himmel, todt senkt er das Haupt auf die Brust herab.

Eine sehr eigenthümliche Art von Kreuzen, statt der Crucifixe, findet man an den Strassen in Toscana. Es hängt nämlich kein Christus daran (höchstens oben ein Christuskopf), statt dessen aber eine ganze Sammlung seiner Leidensinstrumente und der auf sein Leiden bezüglichen Attribute. Obenauf sitzt der Hahn Petri, darunter hängt der Speer, das Rohr mit dem Schwamm, der ungenähte Rock, der Würfelbecher, Hammer, Nägelzange, Leiter, Dornenkrone, Geissel, die Säule der Geisselung, das Schwert Petri, die Laterne der Gefangennehmung etc. Aehnliche Bilder kamen auch schon früher vor. Vgl. Twining, symbols p. 19.

Crucifix-Legenden zur Erklärung von Kirchenbildern. Der Heiland löste einen Arm vom Kreuze ab, um die blinde heilige Luitgarde zu umarmen. Ein andermal that dasselbe der Teufel in des Heilands Gestalt, um die Nonne Anna de Nativité zu verführen; aber sie betete und der Zauber verschwand. Görres, Gesch. der Mystik IV. 2. 319. Das Crucifix erschien dem heiligen Franciscus in der Luft, und Strahlen gingen von seinen fünf Wunden aus und drangen in Hände, Füsse und Seite des Heiligen, ihm gleiche Wunden beibringend. Sehr oft in Kirchen gemalt. Aus dem Crucifix, welches König Erich von Schweden, der Apostel Finnlands, vor den Heiden aufstellte, gingen hundert Strahlen hervor und fielen auf die erschreckten Heiden, welche niederknieten

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_198.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)