Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 255.jpg

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fruchtbare und unfruchtbare Boden, in den der Säemann denselben Samen streut. Sie erinnern noch an die Thiere, die Adams Geburt im Paradiese assistirten; aber bei Christi Geburt war bereits die grosse Scheidung unter den Creaturen eingetreten, der Ochs bedeutet daher nur die für das Heil empfänglichen, der Esel aber die dasselbe zurückweisenden Seelen. Das allein ist der Sinn der beiden Thiere an der Krippe, und alle Versuche, sie aus dem ältern persischen Mithracultus (vgl. Seel, Mithrageheimnisse, Tafel XVIII.) zu erklären, sind überflüssig, weil hier eine specifisch christliche Symbolik selbstverständlich vorliegt.

Der Einzug des Heilands in Jerusalem auf der Eselin wurzelt in der nämlichen Symbolik. Auch hier wählt der Herr des Himmels das verächtlichste Thier der Erde, um des Contrastes willen. Aus der frommen Erinnerungsfeier wurden im Mittelalter durch Missbrauch des Humors, der mit dem in Prozession herumgeführten Palmesel getrieben wurde, die sogenannten Eselsfeste, worüber man Schrökhs Kirchengesch. 28. 273, Flögel, Geschichte des Groteskkomischen 167. und Du Cange s. v. festum asini vergleichen kann. Ein deutscher Volksaberglaube leitet das dunkle Kreuz auf dem grauen Rücken der Esel vom Heiland her. Erst seit er auf der Eselin geritten, sey dieses Kreuz entstanden. Hagen, Germania VII. 438. In Verona zeigt man noch die Haut des Palmesels, und glaubt, von ihm stammen die Esel der Stadt ab. Kreyssler, Reise S. 1028. Berckenmeyer, kur. Antiquit. I. 373.

In den Heiligenlegenden behält der Esel seine ursprüngliche Bedeutung. Vor der Hostie, die von den Menschen verachtet worden, kniet der Esel nieder, auf das Gebot des heiligen Antonius von Padua (Pendant zum Wunder des redenden Bileamsesels). Um Gottes Willen zu erkunden, wo ein neues Gotteshaus gebaut werden sollte, liess man im Mittelalter zuweilen einen Esel laufen und baute da, wo er still stand. So das Kloster Maulbronn in Schwaben. So Moosburg nach Müllers Sagen der Bayern 24. Auch Kloster

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_255.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)