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Arglist. Manches aus dem bekannten altniederländischen Gedicht vom Reinecke Fuchs ist in die Symbolik der Kirche übergegangen. In nicht wenigen Kirchen des Mittelalters kommen in Stein gehauene Spottbilder vor, in denen der Fuchs die Rolle eines pfiffigen Pfaffen spielt, den Hühnern predigt (Bullet, mon. 1844, Nr. 7. p. 545.), in der Mönchskutte stolzirt (z. B. im Dom zu Ferrara, vgl. von der Hagen, Briefe in die Heimath II. 172.), sogar als Heiliger, in einem Reliquienkasten liegend, sich von einem Bock und Schwein tragen lässt (im Strassburger Münster). Man hat diese und viele ähnliche Satyren, die sich in den ehrwürdigsten Domen des Mittelalters in Stein gehauen vorfinden, dem Witz und Freisinn des Steinmetzen zugeschrieben und sich eingebildet, diese Steinmetzen, als Vorläufer der heutigen Freimaurer, hätten damals schon Opposition gegen die Kirche gemacht. Allein nur die heutige Aufklärungseitelkeit ist dumm genug, so etwas zu behaupten und zu glauben. In der Zeit, in welcher jene Dome gebaut wurden, herrschte die Kirche unumschränkt und gehörten die Baumeister, wie Bauherren, der Kirche selber an. Die Kirche selbst war es, die in jenen Spottbildern die Cleriker warnte und durch offene Ausstellung solcher Bilder vor den Augen der Laien die öffentliche Meinung ehrlich zum Zeugen und Richter aufrief, wenn Bischöfe, Priester, Mönche und Nonnen vom rechten Pfade abwichen. Sehr häufig wurde der Papst mit dreifacher Krone im Rachen des Leviathan abgebildet, aber nicht im Sinne der Reformation, nicht um das Papstthum an sich zu verspotten, sondern nur, um den unwürdigen Päpsten ihre Zukunft in der Hölle anzuweisen zum Unterschied von den würdigen. Gerade in diesen Spottbildern hat die Kirche des Mittelalters die Unabhängigkeit der Ideen und der Institutionen von den Zufälligkeiten der Personen beurkundet und der Wahrheit ein Recht gegeben, das heute noch zum Muster dienen könnte.

Der heilige Bischof Samson zwang einen Fuchs, die geraubte Henne zurückzubringen. Die heilige Brigida in

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_303.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)