Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 317.jpg

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standen plötzlich still, dem Essenden blieb der Löffel unbeweglich vor dem Munde, Vögel blieben auf demselben Fleck in der Luft fixirt etc., nach dem Protoevangel. bei Hofmann S. 110. Eine eben solche Stille der Natur ging auch wieder dem Tode Jesu vorher. — Der Stille aber folgte bei Christi Geburt ein allgemeines Beben der Erde, davon die Götzen in Aegypten zusammenstürzten; Petrus de natal. 2, 1. Auch der heidnische Friedensengel in Rom soll damals umgestürzt seyn, weil der christliche Friedenskönig einen andern Tempel brauchte. Innocent. serm. 2. de nat. Domini.

Die gewöhnliche Ordnung der Dinge verschwand. Die Entfernung des Raumes hinderte nicht, dass die tiburtinische Sibylle dem römischen Kaiser Augustus in Rom die heilige Mutter mit dem Kinde zeigte, worauf er dem neuen Gott einen Altar weihte (ara coeli). Bonaventura, de 5. festiv. pueri Jesu. Petrus de natal. 2, 1. Antonin. summa hist. I. 4. 6. Nicephor. I. 17. Suidas s. v. Augustus. Diese Scene ist neben der Geburt Christi gemalt von Memling in Berlin. Nach deutschem Volksglauben ändern sich in der Mitternachtstunde der Christnacht die Gesetze der Natur auch in der Art, dass die Thiere wie Menschen reden können.

Auch der Ort der Geburt ist symbolisch. Vgl. den Art. Bethlehem. Die Maler des Südens lassen Christum gewöhnlich in einer Höhle, die des Nordens in einer Hütte geboren werden. Sepp, Leben Christi I. 80. Immer aber ist der Ort als Stall gedacht und durch Ochs und Esel bezeichnet. Molanus, hist. imag. 100, eifert mit Recht gegen die kostbaren Bettstätten der Maria auf vielen Kirchenbildern, so wie gegen die Menge dienender Frauen, die das Kind in kostbaren Gefässen waschen und allerlei Dienste leisten, da doch Christus nur in einem Stalle und von einer reinen Jungfrau, also ohne das Bedürfniss jener Wäschereien, geboren worden sey. Eben so unschicklich sind die modernen Portraitirungen durch die heilige Familie. So hat Pantoja de la Cruz auf einem Bilde der Geburt Christi die Familie

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_317.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)