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ertheilt werden konnte, der Geist der Liebe sich aber sanft und im Licht über die freudig Begeisterten ergiesst. Endlich ist die Ausgiessung des heiligen Geistes die Ergänzung der Taufe. Johannes der Täufer sagte von sich, er taufe nur mit Wasser, es werde aber Einer kommen, der mit Feuer taufen werde. Das ist die Ergiessung des heiligen Geistes.

Nach Joh. 2, 3. waren es feurige Zungen, die auf die Jünger niederfielen. Auf Kirchenbildern flattern diese Zungen zuweilen vor dem Munde, öfter und schicklicher aber über dem Haupte der Jünger. Noch einfacher ist die Symbolik auf einem altbyzantinischen Miniaturbilde: die auf einem Buch schwebende Taube mitten unter den Aposteln. Waagen, Paris 212. Auf einem altbyzantinischen Bilde gehen von der Taube zwölf Strahlen aus, jeder trifft einen Apostel. Die Apostel aber empfangen zugleich von einem gekrönten alten Manne, der die Welt vorstellen soll, jeder eine Rolle, d. h. das Evangelium in einer fremden Sprache. Didron, man. p. 205.

Vom heiligen Geist gehen sieben Kräfte aus, die sieben Geister Gottes (Offenb. Joh. 5, 6.), mit denen er sich den Aeonen und Urkräften des Heidenthums überordnet, die in den sieben Planeten wirksam gedacht wurden. Ihr Sinnbild sind daher die sieben Sterne an der Hand Gottes, oder der siebenarmige Leuchter, beides im ersten Kapitel der Offenbarung Johannis. Verschieden von diesen ursprünglichen Kräften des göttlichen Geistes sind die sieben Gnadengaben des Geistes, worunter nur die dem Menschen mitgetheilten, also viel geringeren Geisteskräfte, Intelligenzen oder Wissenschaften verstanden wurden. Unter den sieben göttlichen Geistern als Attributen Gottes selbst verstand man: virtus, divinitas, sapientia, fortitudo, honor, gloria und benedictio. Didron, icon. p. 494. Unter den vom Menschen empfangenen sieben Gaben dagegen: sapientia, intellectus, consilium, fortitudo, scientia, pietas, timor domini, daselbst p. 434; aber auch die sieben Wissenschaften: grammatica, rhetorica, logica, arithmetica, musica, geometria, astrologia, daselbst p. 440.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_323.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)