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am Fronleichnamsfeste feierlich zur Schau getragen, indem unmittelbar hinter ihm der Kaiser und der ganze Hof mit Kerzen geht. Sommer, geogr. Taschenbuch 1847, S. 243. – In Finnland heisst der St. Georgentag der stille Freitag, weil an diesem Tage Alles mäuschenstill seyn muss. Thomasson, finnische Myth. 107.

Im Süden des Kaukasus geniesst der heilige Georg die grösste Verehrung. Bei den Mingreliern herrscht der Glaube, der Heilige bringe seinen Verehrern Muth und kriegerische Tapferkeit bei, und die Einwohner verschiedener Ortschaften rühmen sich, ihr Heiligenbild sey tapferer, als das der Nachbarn. Von einem der am meisten verehrten Bilder des heiligen Georg geht ein solcher Schrecken aus, dass man ihm nur von fern zu nahen wagt. Chardin, Reise, deutsche Ausg. von 1780, I. 295. Daselbst S. 370 f. wird das Fest des heiligen Georg am 21. Oktober beschrieben, wie man es in Mingrelien feiert. Die Hauptrolle dabei spielt ein grosser und schöner Ochse, der geschlachtet und dem Volke Preis gegeben wird. Derselbe muss aber nicht geschenkt, noch gekauft, sondern von Einem, der Priester werden will, gestohlen seyn. Man sagt dann: der Heilige habe ihn gebracht. Die Sitte erklärt sich aus einer Legende, nach welcher die Mingrelier sich durch ein Wunder des heiligen Georg zum Christenthum bekehren liessen. Einer spottete nämlich, er wolle Christ werden, wenn ihm der heilige Georg seinen gestohlenen Ochsen wiederbringe, und siehe, der Ochse kam wieder. Dieser Ochse deutet auch darauf hin, dass man dem Heiligen eine altheidnische Gottheit des Ackerbaues unterlegte.

In alten Kirchen und auf Grabdenkmalen der ersten Bischöfe findet man häufig den heiligen Georg mit dem Drachen, wodurch der erste Sieg des Christenthums über das Heidenthum in diesen Gegenden bezeichnet wird. Blaxam, englische Baukunst, deutsch 1847, S. 91.

Zum Theil kehrt dieser Gedanke auch in den verschiedenen Ritterorden des heiligen Georg wieder, obgleich der

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_329.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)